Wirtschaft, Gesellschaft

Wie werden wir nach Corona arbeiten?

von Susanne von Ahn

Wie werden wir nach Corona arbeiten?

Die einen zerreißen sich zwischen Homeoffice und Homeschooling, die anderen sind zum Nichtstun gezwungen. Manche finden Videokonferenzen und die vielen digitalen Tools, die jetzt zum Einsatz kommen, praktisch und spannend, anderen fehlen die persönlichen Kontakte zu Kolleginnen und Kunden; sie fühlen sich zunehmend einsam. Und alle sehnen sich nach Normalität. Aber wie wird die aussehen? Wie werden wir arbeiten, wenn wir das Corona-Virus endlich im Griff haben? Das sagt die Expertin für New Work und Arbeitsmarktfitness Monika A. Pohl:

Die Pandemie hat die Evolution der Arbeit vorangetrieben

Corona hat den Prozess der Digitalisierung enorm beschleunigt, weil die Unternehmen und ihre Mitarbeiter gezwungen waren, sich neu auszurichten. Ganz neue Arbeitsfelder und Geschäftsbereiche wurden in Angriff genommen wie etwa Click und Collect im Einzelhandel oder das Streamen von Wohnzimmerkonzerten. Das hat auch zu einer neuen Fehlerkultur geführt. Fast alle Unternehmen und folglich die Beschäftigten mussten extrem viel Neues ausprobieren. Das funktionierte mal mehr, mal weniger gut, was perfektionistische Ansprüche unmöglich machte. Alle mussten mehr wagen und unvollkommene Ergebnisse akzeptieren lernen. Von der Einstellung „Das will ich nicht, das kann ich nicht!“ wandelte sich das Motto der Mitarbeiter und Unternehmer zu: „Gemeinsam schaffen wir das!“ Das hat das Kohärenzgefühl gestärkt, Menschen ermutigt und ihnen aufgezeigt, dass sie flexibler sind, als sie sich das jemals eingestehen wollten. Dieser Mut zum Scheitern und Neuanfangen wird auch zukünftig nötig sein, um dem immer schnelleren Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu begegnen. Wenn davon etwas bleibt, haben wir viel gewonnen.

Selbstverständlichkeiten werden infrage gestellt

Manche Geschäftsreisen lassen sich auf ein Online-Meeting minimieren, dadurch spart das Unternehmen enorme Kosten und die Verschmutzung der Umwelt wird reduziert. Mobiles Arbeiten funktioniert besser, als man bisher glaubte. Vermutlich werden Unternehmen zukünftig weniger Fläche benötigen. Selbst Konkurrenten haben sich während der Pandemie zusammengeschlossen, teils um Solidarität zum Ausdruck zu bringen, teils um voneinander zu lernen und zu profitieren. Auch hier hat das Win-win-Szenario an Bedeutung gewonnen. Ziel muss es sein, da anzusetzen, wo wir gerade stehen. Sich zu fragen: Was ist gut und was ist schlecht gelaufen? Was kann ich / die Firma verbessern, was getrost über Bord werfen? Und vor allem: Was habe ich für mich persönlich und für meine Firma / meine berufliche Tätigkeit gelernt? Wobei braucht das Unternehmen und wobei brauche ich noch Unterstützung, um gut gewappnet für die Zukunft zu sein?

Das Bewusstsein für Arbeit hat sich stark verändert

Der ideelle Wert der Arbeit ist den Menschen klarer geworden. Homeoffice ist zum Beispiel nicht für jeden das Richtige. Präsenzveranstaltungen haben ihre Berechtigung und klare Vorteile. Wir alle sind soziale Wesen und dadurch auf ein Miteinander angewiesen, das über die Begegnung online oder am Telefon hinausgeht, wenn auch die letzten beiden Möglichkeiten kurzfristig eine wertvolle Alternative darstellen. Arbeiten auf Augenhöhe stärkt das Wir-Gefühl und fördert die notwendige Zusammenarbeit, und zwar auf allen Ebenen. Jeder ist für seine Gesundheit selbst verantwortlich, dennoch muss ein Arbeitgeber den Beschäftigten entsprechende Rahmenbedingungen (z. B. ergonomische Büromöbel) und geeignete Trainings- und Coachingangebote zur Selbstfürsorge anbieten. Denn Unternehmer haben eine Fürsorgepflicht. Das Thema Selbstfürsorge bleibt auch nach Corona aktuell, denn die Arbeit wird anders, aber nicht weniger. Wir müssen lernen, eine Balance zwischen Arbeit und Erholung zu finden, um langfristig nicht auszubrennen. Wenn wir das Ende des Lockdowns als Neustart betrachten, nutzen wir eine große Chance, um den Menschen in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen, eine positive Fehlerkultur in Unternehmen zu stärken und mehr Achtsamkeit im Umgang miteinander wachsen zu lassen. Genau dann wird aus New Work das, was Frithjof Bergmann, der diesen Begriff geprägt hat, ursprünglich gemeint hat: eine Tätigkeit, die uns in unserer Weiterentwicklung unterstützt.

Über den Autor

Monika Alicja Pohl (Niederkassel) ist Expertin auf dem Gebiet der Selbstfürsorge und vermittelt Strategien und Kompetenzen zur Förderung ganzheitlicher Gesundheit und Arbeitsmarktfitness in Zeiten der New Work. Sie ist Gründerin der Physioyoga Akademie, Heilpraktikerin für Physio- und Psychotherapie und erfolgreiche Autorin zahlreicher Ratgeber zum Thema Persönlichkeit und Lebenshilfe. Ihre Überzeugung: Nur wer gut für sich selbst sorgt, kann sein Bestes geben! Als Fachwirtin für Prävention und Gesundheitsförderung empowert sie Menschen und unterstützt Unternehmen durch Trainings und Coachings auf Führungs- und Mitarbeiterebene, sowie inspirierende und motivierende Vorträge.