Training, Coaching, Beratung

Home­of­fice – ja oder nein?

Von Christiane Mahlich (ehem. Wittig)

Mittlerweile ist das Arbeiten im Homeoffice aus dem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken und wird uns auch in Zukunft begleiten. Was früher meist auf Freiwilligkeit beruhte, ist durch Corona oftmals zum Muss geworden.

Aber auch wer die Arbeit im Homeoffice nicht mehr missen möchte, hat manchmal mit einigen Hürden zu kämpfen. Angefangen von der technischen Ausstattung über die räumlichen Gegebenheiten bis hin zu den familiären Umständen. Deshalb kann es durchaus hilfreich sein, zu überprüfen, ob die Arbeit im Homeoffice in der bestehenden Form die beste Lösung ist oder ob Änderungen vorgenommen werden sollten.

Die Gründe für das Arbeiten im Homeoffice sind vielfältig. Je genauer Sie sich über Ihre Beweggründe im Klaren sind, desto besser wird es gelingen. Hier finden Sie hilfreiche Checklisten.

Arbeiten im Homeoffice

Homeoffice Checkliste 1: Klarheit der eigenen Ziele und Möglichkeiten im Homeoffice

Warum wollen Sie im Homeoffice arbeiten?

  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Mehr Zeit für den Hund haben
  • Weniger Zeit für den Arbeitsweg aufbringen müssen
  • Ungestörter arbeiten
  • Andere Gründe

Wie oft wollen Sie im Homeoffice arbeiten?

  • Am liebsten immer
  • Mehrere Tage in der Woche
  • Einen Tag in der Woche
  • Je nach Notwendigkeit

Was sagt Ihre Familie dazu?

  • Mein(e) PartnerIn arbeitet ebenfalls von zu Hause und würde es begrüßen.
  • Meine Kinder wären froh darüber.
  • Ich könnte eine/n Angehörigen besser pflegen.
  • Ich müsste das erst mit der Familie besprechen.
  • Ich bin Single und muss mich mit niemandem abstimmen.

Chancen und Risiken

Für viele bedeutet das Arbeiten von zu Hause aus die Chance für ein selbstbestimmteres und stressfreieres Arbeiten. Es birgt aber auch die Gefahr der eigenen Überforderung und des Gefühls, abgehängt zu sein von den Informationen im Unternehmen.

  • Ich genieße es, mir meine Arbeit selbst einteilen zu können.
  • Ich schaffe zu Hause in kürzerer Zeit viel mehr Aufgaben.
  • Ich arbeite manchmal länger als im Büro.
  • Ich habe das Gefühl, nicht mehr alle Informationen zu bekommen.

Klärung der Rahmenbedingungen

Nicht alle Arbeiten kann man von zu Hause aus erledigen. Manchmal braucht man Unterlagen, die nur im Büro verfügbar sind, manchmal ist die fehlende Technik ein Hinderungsgrund oder man muss sich mit Vorgesetzten und Kollegen vor Ort abstimmen. Und auch das eigene Selbstmanagement kann zur Stolperfalle werden. Dies gilt es, genau in Augenschein zu nehmen.

  • Welche Papierunterlagen kann ich problemlos mit nach Hause nehmen?
  • Gibt es eine Möglichkeit, die Unterlagen elektronisch abzurufen und zu bearbeiten?
  • Muss ich ab und zu Präsenztage z.B. für Besprechungen vor Ort einplanen?
  • Wie kann ich meine technische Ausstattung so ausbauen, dass ich zu Hause damit gut arbeiten kann?
  • Wo kann ich mir einen ruhigen Arbeitsplatz in der Wohnung einrichten?
  • Bin ich diszipliniert genug um meine Arbeiten eigenständig und fristgerecht zu erledigen?

Selbstmanagement bei der Arbeit im Homeoffice

Wer bereits selbständig arbeitet und gewohnt ist, seine Zeit selbst einzuteilen, wird wahrscheinlich weniger Probleme haben, dies auch im Homeoffice zu tun und sein Arbeitspensum zu schaffen. Wer oft unter Stress gerät bei der Erledigung seiner Aufgaben, sollte überlegen, ob die Arbeit von zu Hause eine gute Wahl ist. Vielleicht genügen einige Tage pro Woche/Monat, um entspannt und konzentriert zu arbeiten, und die andere Zeit kann vor Ort produktiver genutzt werden.

  • Ich kann mir meine Zeit sehr gut einteilen, ohne in Stress zu geraten.
  • Ich kann mich gut motivieren, um meine Aufgaben fristgerecht zu erledigen.
  • Ich kann gut Nein sagen.
  • Ich arbeite oft länger als ich müsste, weil ich mich oft ablenke/ablenken lasse.
  • Ich kann meine Aufgaben nicht gut planen und gerate oft unter Zeitdruck.

Abstimmung mit dem Arbeitgeber

Es besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, die Arbeit im Homeoffice zu gestatten. Er sollte also damit einverstanden sein. Evtl. empfiehlt sich die Einschaltung des Betriebsrates als Vermittler.

  • Welche Absprachen müssen mit dem Arbeitgeber getroffen werden?
  • Wie sollen/müssen die Kollegen eingebunden werden?
  • Wie oft wollen/können Sie von zu Hause aus arbeiten?

- Immer
- An festgelegten Tagen in der Woche
- Nach Bedarf

  • Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?
  • Wie bin ich im Homeoffice versichert?
  • Wie kann der Datenschutz eingehalten werden?
Homeoffice - Organisation der Arbeit

Homeoffice Checkliste 2: Organisation der Arbeit im Homeoffice

Je nachdem, wie oft Sie im Homeoffice arbeiten, müssen Sie vielleicht auch Ihren Tages- und Wochenablauf neu organisieren. Plötzlich arbeitet der/die PartnerIn auch von zu Hause und die Kinder kommen zu unterschiedlichen Zeiten aus Kita und Schule heim.  

  • Wer bringt die Kinder zur Kita/Schule?
  • Wer holt sie wann wieder ab?
  • Wer ist für das Mittag-/Abendessen zuständig?
  • Wer braucht Ruhe zum Arbeiten und sollte eine Zeit lang nicht gestört werden?

Einbinden der Familie

Bevor Sie sich für die Arbeit im Homeoffice entscheiden, sollten Sie die Familie/PartnerIn/Kinder in Ihre Entscheidung einbeziehen.  

  • Welche Erwartungen haben die anderen an die neue Situation?
  • Sind alle damit einverstanden?
  • Wo kann es Konflikte geben?
  • Müssen im Vorfeld Veränderungen, z.B. räumlicher Art, vorgenommen werden?
  • Welche zeitlichen Anpassungen sind notwendig?

Einrichtung des Arbeitsplatzes

Nicht jede/r hat die Möglichkeit zu Hause ein eigenes Büro einzurichten. Und je nachdem wie oft Sie von zu Hause arbeiten wollen ist das vielleicht auch nicht unbedingt notwendig. Es sollte aber ein Platz geschaffen werden, an dem Sie ungestört auch mal längere Zeit arbeiten können und bestenfalls die Unterlagen nicht immer wieder wegräumen müssen.

  • Wo kann ich meinen Arbeitsplatz einrichten?
  • Erfüllt er die ergonomischen Anforderungen?
  • Habe ich genügend Licht für meine Tätigkeit?
  • Kann ich auch mal Unterlagen dort liegen lassen?
  • Muss ich den Arbeitsplatz mit anderen Familienmitgliedern teilen?

Informationsaustausch und Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen

Kurze Absprachen, die im Unternehmen kein Problem sind und oft auch mal „zwischen Tür und Angel“ oder inoffiziell in der Kaffeeküche erfolgen, müssen vom Homeoffice aus extra geplant werden. Natürlich können durch spontane Telefonate manche Fragen schnell beantwortet werden, aber nicht alle Themen lassen sich kurz und bündig abhandeln.

  • Wie oft muss ich eine schnelle Antwort auf drängende Fragen bekommen?
  • Mit wie vielen Kollegen sind längere Konferenzen notwendig?
  • Welches Equipment steht für Online Meetings zur Verfügung?
  • Ist die Abstimmung und Teilnahme für alle problemlos möglich?
  • Zu welchen Zeiten muss ich für andere erreichbar sein?
  • Kann ich feste Zeiten einplanen?
  • Muss ich ab und zu vor Ort Termine einplanen?
Vertrauen im Homeoffice

Homeoffice Checkliste 3: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser?

Ein Grund, warum in manchen Unternehmen die Arbeit im Homeoffice immer noch nicht gern gesehen wird, ist oft das fehlende Vertrauen der Führungskräfte in das selbständige und verantwortungsvolle Arbeiten der Mitarbeiter.

Deshalb ist es hilfreich, die Zielerreichung vor die Zeitmessung zu stellen. Vielleicht arbeitet der/die eine oder andere konzentrierter zu Hause an den Aufgaben und wird tatsächlich schneller fertig. Es werden in der Regel weniger Pausen gemacht und fehlerfreier gearbeitet. Daher spricht auch nichts dagegen, den Arbeitstag mal eine halbe Stunde früher zu beenden.

Zielerreichung vor Zeitmessung

Delegierte Aufgaben sollten immer mit einem konkreten Fertigstellungsdatum versehen werden. Die Aussage: „so schnell wie möglich“ ist erfahrungsgemäß zu vage. „Dienstag, 3.10.“ dagegen gibt eine klare Orientierung.

  • Klare Zielformulierung – ergebnisorientiert
  • Welche Maßnahmen sind erforderlich?
  • Termin der Zielerreichung – Ziel wird dadurch messbar

Arbeitsorganisation und Zeitplanung

Wer seine Aufgaben im Griff haben will, muss sich auch über die Zeit zur Erledigung im Klaren sein und diese einplanen. Am besten geht das z.B. mit Aufgaben in Outlook oder einem anderen System. Auch die Planung auf Papier ist möglich. Beispiel: 

  • Liste für Abrechnung erstellen                                      30 Minuten
  • Ausarbeitung des Vortrags                                            60 Minuten
  • Vorbereitung des Mitarbeitergesprächs                        45 Minuten

Eigenverantwortlich arbeiten

Im Homeoffice ist mehr denn je die Eigenverantwortlichkeit gefragt, denn man kann nicht jederzeit jemanden fragen, wird aber auch nicht ständig überwacht.

Deshalb ist es wichtig, für seine Aufgaben Prioritäten zu setzen. 

A   sofort selbst erledigen
B   einplanen
C   hinterfragen (oft für andere wichtiger als für sie)
D  delegieren

Auch hier sollten die Aufgaben mit einer Zeitleiste versehen werden, um auskunftsfähig über den Erledigungszeitraum zu sein.

Nein sagen

Nicht alle Aufgaben können Sie sofort oder im geforderten Zeitraum erledigen. Und manche fallen vielleicht gar nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich. Dann ist es notwendig, auch mal Nein zu sagen. Das heißt aber nicht Arbeitsverweigerung, sondern …

  • Ja, mache ich gerne, ich komme aber erst nächsten Mittwoch dazu.
  • Ja, mache ich gerne, hat es bis übernächste Woche Zeit?
  • Momentan habe ich keine Zeit, aber vielleicht könnte jemand anderes die Aufgabe übernehmen.

Selbstdisziplin

Gerade bei der Arbeit im Homeoffice ist die Selbstdisziplin unabdingbar. Wer morgens nicht aus dem Bett kommt, muss vielleicht abends länger arbeiten. Das dämpft die Motivation und/oder führt zu Spannungen in der Familie. Geben Sie Ihrem Tag daher eine klare Struktur.

  • Arbeitsbeginn festlegen als ob Sie in die Firma fahren
  • Dazu gehört auch eine arbeitsmäßige Kleidung, auch wenn diese im Homeoffice etwas legerer ausfallen darf.
  • Planen Sie Ihre Aufgaben für den nächsten Tag am besten am Abend vorher und zwar schriftlich.
  • Definieren Sie auch ein Arbeitsende und machen die Tür Ihres Büros zu oder räumen Ihre Unterlagen weg.

Sollten im Homeoffice doch einmal Probleme auftreten, etwa weil die Balance zwischen Beruf und Privatleben ins Wanken gerät, kann auch eine individuelle Unterstützung durch einen Coach hilfreich sein.

Über den Autor

Christiane Wittig ist gelernte Werbekauffrau und seit 1990 erfolgreich als Trainerin und Coach tätig. Nach verschiedenen Führungspositionen in München wagte die gebürtige Berlinerin den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete die Agentur wws weiterbildung – seminare+coaching. Als Expertin für Selbstmanagement und Entschleunigung unterstützt sie Unternehmen bei der Optimierung ihrer Arbeitsorganisation und Zeitkompetenz und berät ArbeitnehmerInnen im Homeoffice vor Ort oder mittels Coaching am Telefon bei ihren individuellen Anforderungen.