Persönliche Entwicklung, Karriere, Finanzen

Sich respekt­voll durch­setzen im Mita­r­bei­ter­ge­spräch

von Florian Pressler

Zum Jahreswechsel stehen sie in vielen Unternehmen wieder an: Die Mitarbeitergespräche. Diese auch als Jahresgespräch bezeichneten Termine sorgen oft für eine gewisse Nervosität. Mitarbeiter und Führungskräfte fragen sich, was da wohl auf sie zukommt, mit welcher Kritik sie möglicherweise konfrontiert werden, welche Themen sie ansprechen sollten, und wie dieses Gespräch dazu dienen kann, den eigenen beruflichen Zielen näher zu kommen. Womit wir beim zentralen Thema wären: Berufliche Ziele und die Frage, wie wir sie in Mitarbeitergesprächen auf respektvolle Art durchsetzen können, ohne Porzellan zu zerschlagen.

Dass unsere beruflichen Ziele eins zu eins mit den Zielen unseres Gesprächspartners im Einklang stehen, ist leider eher selten. Viel öfter sind die Ziele von Führungskraft und Mitarbeiter nur teilweise deckungsgleich, oder stehen sogar zueinander im Widerspruch. Dann geht es darum, sich durchzusetzen, zu verhandeln, oder Kompromisse zu schließen.

Lassen Sie mich eines vorwegnehmen: Das Durchsetzen eigener Ziele und Interessen sollte bei Jahresgesprächen nicht im Vordergrund stehen. Wer sich ein solches Gespräch als argumentatives Armdrücken mit seiner Führungskraft (oder seinem Mitarbeiter) vorstellt, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit gegen die Wand fahren.

In unterschiedlichen Unternehmen gibt es beliebig viele Formate und Geisteshaltungen, aus denen heraus ein Jahresgespräch geführt werden kann: Mit, oder ohne schriftlichem Formular, mit oder ohne Beurteilung und Zielvereinbarung als zentralem Bestandteil, als reine Pflichtübung oder mit echtem Interesse für das Gegenüber. Ein zielführendes und gutes Gespräch sollte aber vor allem dazu dienen, die Beziehung zu festigen, Vertrauen aufzubauen, sich besser kennenzulernen und das eigenen Selbstbild mit dem Fremdbild des Gesprächspartners abzugleichen, um wachsen zu können.

Doch da gibt es ein Dilemma. Eines, das uns überall in der beruflichen Kommunikation begegnet – hier aber in verschärfter Form: Auf der einen Seite wollen wir Vertrauen aufbauen und die Beziehung verbessern. Auf der anderen Seite spielen aber natürlich auch unsere eigenen Ziele und Interessen eine Rolle, die wir im Zweifelsfall gegen unseren Gesprächspartner durchsetzen wollen. Wie können wir dieses Dilemma lösen?

Das Gespräch vorbereiten

Jede Schlacht wird gewonnen, bevor sie geschlagen wird, schrieb schon vor mehr als 2.500 Jahre der chinesische Feldherr Sun Tzu. Nun ist ein Jahresgespräch natürlich keine Schlacht. Trotzdem ist auch hier Vorbereitung zentral, wenn Sie Ihren Zielen näherkommen möchten. Also bereiten Sie sich vor!

Was genau sind Ihre beruflichen Ziele?

Denken Sie zunächst darüber nach, was genau Ihre beruflichen Ziele sind. Wohin möchten Sie sich entwickeln? Welche Dinge möchten Sie in Ihrem Arbeitsumfeld verändern? Wo benötigen Sie mehr Ressourcen oder Unterstützung? Nur, wenn Sie sich klar gemacht haben, was genau Sie wollen, haben Sie eine Chance, es wirksam durchzusetzen. Bleiben Sie dabei bitte nicht abstrakt, sondern werden Sie konkret. Abstrakt ist:

„Ich möchte mich beruflich weiterentwickeln und mehr Verantwortung übernehmen.“

Konkret ist:

„Ich möchte mich stärker im Projekt mit der ABC AG engagieren und dort der zentrale Ansprechpartner für die Steuerungselektronik werden.“  

Denken Sie auch darüber nach, welche Zwischenschritte hier eventuell notwendig sind. Eventuell macht es z.B. Sinn, an einer Projektmanagement-Schulung teilzunehmen, bevor Sie zum zentralen Ansprechpartner für die Steuerungselektronik werden – und darüber sollten Sie mit Ihrer Führungskraft sprechen.

Welche Ziele hat Ihre Chefin oder Ihr Chef?

Auch über die Ziele Ihrer Chefin oder Ihres Chefs sollten Sie nachdenken. Falls Jahresgespräche bei Ihnen gleichzeitig Zielvereinbarungsgespräche sind und es ein Formular dazu gibt, dann schauen Sie doch einmal nach, welche Ziele im letzten Jahr vereinbart wurden, und welche übergreifenden Ziele Ihrer Führungskraft Sie daraus ableiten können.

Warum sollten Sie das tun? Weil es viel leichter ist, Ihren Chef mit Argumenten zu überzeugen, die auf seine Zielvorstellungen einzahlen. Vielleicht möchte Ihre Chefin der Unternehmensleitung besonders gute Zahlen präsentieren, um selbst den nächsten Karriereschritt vorzubereiten. Oder sie möchte Ruhe ins Team bringen, weil die vielen Umstrukturierungen der letzten Jahre zu Unzufriedenheit und Kündigungen geführt haben. Wenn Sie begründen können, wie das, was Sie fordern, auch Ihren Chef dabei hilft, seinen Zielen näher zu kommen, steigen Ihre Chancen.

Was haben Sie in den letzten 12 Monaten geleistet?

Da Sie nun vermutlich eh schon die Zielvereinbarung mit Ihrer Führungskraft aus dem letzten Jahr vor der Nase haben: Denken Sie bitte im nächsten Schritt darüber nach, was Sie in den letzten 12 Monaten geleistet haben. Welche der vereinbarten Ziele konnten Sie erreichen? Die größeren Erfolge und emotionalen Höhepunkte fallen Ihnen sicherlich spontan ein. Aber was ist mit den kleineren Dingen, die gut gelaufen sind, aber leicht übersehen werden? Gehen Sie ihren Kalender durch, machen Sie sich eine Liste und sammeln Sie Daten, mit denen Sie Ihre Erfolge belegen können. Denn letztendlich sind es Ihre Erfolge und Leistungen, mit denen Sie Ihre Forderungen rechtfertigen können.

Was ist nicht gut gelaufen im letzten Jahr - und was sind die Gründe dafür?

Dieses Thema wird mit Ihrer Führungskraft sicherlich zur Sprache kommen. Machen Sie sich daher vorab Gedanken darüber, und reden Sie nicht spontan darauf los. Machen Sie sich aber vor allem klar: Auch wenn es Probleme gab - für Ihre Chefin oder ihren Chef ist es in erster Linie wichtig, wie Sie mit den Problemen umgegangen sind, was Sie daraus gelernt haben und wie Sie in Zukunft sicherstellen möchten, dass sich das gleiche Problem nicht wiederholt.

Nicht all Ihre Ziele werden Sie im Gespräch zur Sprache bringen wollen – und nicht alle sind im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs erreichbar. Ihre Fernziele (z.B. hinsichtlich Ihrer beruflichen Entwicklung) sind eher ein Leitstern, der Ihnen langfristig hilft, Ihre Gedanken und Ihre Handlungen auszurichten. Andere Ziele sind ganz konkret in Ihrem Jahresgespräch erreichbar und sollten angesprochen werden. Das kann eine bestimmte Fortbildung sein, die Ihre Führungskraft Ihnen zusagt, oder eine bestimmte neue Aufgabe, die Ihnen übertragen wird. Vielleicht aber auch einfach ein besseres persönliches Verhältnis und klarere Kommunikation miteinander. Machen Sie sich klar, was Ihre Ziele für dieses Mitarbeitergespräch sind und richten Sie ihren Fokus darauf.

Wenn Sie sich tiefergehend mit Ihren Zielen beschäftigen möchten, dann finden Sie hierzu in meinem Buch „Sich Durchsetzen ohne Ellenbogen“ ab Seite 93 ein ganzes Kapitel mit weiteren Tipps. Insbesondre das sogenannte Zielquadrat der Kommunikation ab Seite 98 kann Ihnen helfen, Klarheit zu gewinnen und Ihre Ziele noch besser zu kommunizieren.

Gibt es spezielle Themen, die Sie ansprechen möchten?

Nun gilt es nur noch eine letzte Sache zu bedenken, bevor Sie in Ihr Gespräch gehen: Gibt es spezielle Themen, die Sie ansprechen möchten, die Ihre Führungskraft aber noch nicht auf dem Radarschirm hat und nicht erwartet? Dann macht es Sinn, Ihrer Führungskraft vorab mitzuteilen, dass Sie darüber sprechen möchten. Sie geben Ihrer Chefin dadurch die Möglichkeit, sich Ihrerseits vorzubereiten und Informationen einzuholen. Kein Chef möchte mit vollkommen unerwarteten Themen überfallen werden – geschweige denn Entscheidungen dazu treffen.

Performance Review Jahresgespräch

Selbstbewusst im Gespräch

Nun haben Sie sich ausgiebig vorbereitet und sitzen Ihrer Chefin gegenüber. Typischerweise wird Ihre Führungskraft in das Gespräch einführen, und dabei auch nochmals fragen, ob es von Ihrer Seite spezielle Themen gibt, über die Sie reden möchten. Dann wird sie mit Ihnen auf das vergangene Jahr zurückblicken, Ihre Erfolge würdigen und nach den Ursachen von Problem fragen. Dabei wird sie in aller Regel immer zuerst Sie zu Wort kommen lassen, um danach ihre eigene Sichtweise darzulegen. Nach dem Blick in die Vergangenheit geht es im nächsten Schritt um Folgerungen für die Zukunft. Wie kann sichergestellt werden, dass Sie auch im kommenden Jahr an die vergangenen Erfolge anknüpfen können? Welche Probleme müssen bewältigt werden? In diesem Teil des Gesprächs werden in manchen Firmen auch konkrete Ziele verhandelt und Zielvereinbarungen festgeschrieben. Abschließend fasst Ihre Führungskraft das Gespräch zusammen.

Soviel zum Ablauf. Aber wie schaffen Sie es, in diesem Gespräch souverän zu wirken und Ihre Ziele durchzusetzen? Es ist zuallererst Ihre Köperhaltung, Ihre Stimme und Ihre grundsätzliche Gesprächshaltung, die bestimmt, wie Sie auf Ihre Führungskraft wirken und ob es Ihnen gelingt, Ihre Anliegen durchzusetzen. Machen Sie sich nicht klein und bleiben Sie nicht passiv. Halten Sie Blickkontakt, richten Sie sich auf, nehmen Sie Raum ein und führen Sie das Gespräch auf Augenhöhe. Getrauen Sie sich, Ihre eigenen Gedanken einzubringen. Optimalerweise sollte Ihr Gesprächsanteil rein zeitlich bei mindestens 50% liegen, denn es ist ja ein Mitarbeiter und kein Chef-Gespräch.

Leistungen darstellen

Stehen Sie zu Ihren Leistungen und präsentieren Sie sie! Glauben Sie bitte nicht, dass Ihr Chef oder Ihre Chefin schon längst wüssten – oder von selbst sehen würden, was Sie leisten. Sprechen Sie klar aus, was Sie geleistet haben. Seien Sie selbstbewusst, aber nicht arrogant. Oft sind die Erfolge, die es zu feiern gibt, Teamerfolge, die Sie nicht vollständig für sich vereinnahmen können. Dann benennen Sie aber zumindest ganz konkret Ihren persönlichen Beitrag dazu.

Wenn Sie Ihre eigenen Leistungen sichtbar machen möchten, dann ist Storytelling die perfekte Technik dazu. Erzählen Sie kleine Geschichten, in denen Sie schildern, vor welchen Hindernissen Sie (oder das Team) standen, und wie es Ihnen gelungen ist, das Hindernis zu überwinden. Geschichten bleiben – jedenfalls wenn sie einen emotionalen Kern haben und gut erzählt werden – im Kopf Ihrer Führungskraft viel besser hängen als reine Fakten. Und Sie können Geschichten benutzen, um ein glaubwürdiges Bild ihrer positiven Eigenschaften in den Kopf Ihrer Führungskraft zu projizieren.

Wenn Sie einfach nur sagen, dass Sie im letzten Jahr flexibel, engagiert und innovativ waren, glaubt Ihnen das keiner. Doch wenn Sie eine Geschichte darüber erzählen, wie Sie ein für die Firma großes Problem mit einer innovativen Lösung aus dem Weg räumen konnten, auf die niemand anderes gekommen wäre, wie Sie sich engagiert ins Zeug gelegt haben, um das Team von dieser Lösung zu überzeugen, und wie Sie große Flexibilität an den Tag gelegt haben, um die skeptischen Stimmen im Team mit einzubinden – dann glaubt man Ihnen und erinnert sich an Ihren Beitrag. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie mit Storytelling eigene Leistungen sichtbar machen können, finden Sie in meinem Buch mehr dazu auf Seite 155ff.

Fehlleistungen begründen und Umgang mit Kritik

Vor Kritik fürchten wir uns bei Jahresgesprächen am meisten, denn Kritik trifft unser Selbstwertgefühl. Dann schlagen wir oft zurück, machen der anderen Seite Vorwürfe, oder geraten ins Rechtfertigen. Das ist in einem Jahresgespräch alles andere als hilfreich – und auch absolut unnötig. In einem Jahresgespräch geht es einer Führungskraft nicht darum, Schuldige ausfindig zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen. Es geht darum, mit Ihnen darüber zu sprechen, was Sie aus Rückschlägen gelernt haben und wie Sie in Zukunft sicherstellen werden, dass die gleichen Fehler nicht wieder passieren.

Deshalb sollten Sie negatives Feedback und Kritik am besten annehmen, wie ein ZEN-Mönch. Die Abkürzung ZEN steht hier für

Zurücklehnen und zuhören

Erkenntnisse mitnehmen

Nachfragen, nicht rechtfertigen

Natürlich dürfen Sie auch Ihre eigene Sichtweise einbringen, wenn Sie finden, dass Ihre Führungskraft Dinge nicht richtig darstellt, dass ihr bestimmte Fakten nicht bewusst sind, oder nicht richtig eingeordnet werden. Aber machen Sie das kurz und achten Sie darauf, nicht in eine Rechtfertigungshaltung oder einen Schlagabtausch zu geraten – denn wichtig ist die Zukunft und nicht die Vergangenheit. Im Zweifelsfall können Sie – in einem höflichen Tonfall – einbringen, dass Sie zu der vorgetragenen Kritik eine andere Sichtweise haben, aber dass Sie dieses Feedback jetzt einfach mal so mitnehmen und sich darauf konzentrieren möchten, wie es in Zukunft besser laufen kann.

Forderungen stellen und eigene Themen einbringen

In welcher Phase des Gesprächs sollten Sie Ihre eigenen Themen und Forderungen einbringen? Wenn es größere Themen gibt, die Ihrer Führungskraft noch nicht bewusst sind, rate ich Ihnen dazu, sie schon vorab per E-Mail anzukündigen. Beispiele hierfür sind Konflikte im Team, über die Sie sprechen möchten, oder auch Gehaltsforderungen (es sei denn, die sind im Rahmen einer Zielvereinbarung ohnehin fester Bestandteil des Gesprächs). Wenn nicht per Mail, dann sollten spezielle Themen und Forderungen zumindest zu Beginn des Gesprächs benannt werden („Ich möchte später noch über XY sprechen…“), damit Ihre Führungskraft weiß, dass da noch etwas kommt - und damit schon einmal ein Pflock eingeschlagen ist. Ansonsten kann es sein, dass sie sich während des Gesprächs bei anderen Themen „festquatschen“ und Ihre Forderungen damit ins Abseits geraten.

Interessen als Wünsche formulieren

Sie können Ihre Interessen als Wünsche formulieren (z.B.: „Ich wünsche mir mehr Verantwortung im Projekt mit der ABC AG, besonders im Bezug auf die Steuerungselektronik…), oder als Forderung (z.B.: „Damit ich das Projekt XY im kommenden Jahr wie vereinbart stemmen kann, brauche ich A, B und C…“). Niemand nimmt Ihnen übel, dass Sie fordern – jedenfalls, wenn Sie es in Stimme, Wortwahl und Körperhaltung auf höfliche Art und Weise tun. Halten Sie auf jeden Fall Blickkontakt, wenn Sie eine Forderung stellen, sagen Sie klar und deutlich, was genau Sie brauchen und vermeiden Sie sprachliche Weichmacher, abstrakte Umschreibungen und Füllworte (z.B.: „Eigentlich bräuchte ich schon noch ein bisschen mehr Ressourcen, damit ich es wirklich richtig gut schaffen kann, dass das Projekt XY so mehr oder weniger erfolgreich läuft.“) Was Sie dagegen niemals tun sollten, ist, zu drohen und Ultimaten zu setzen. („Wenn ich bei Projekt XY nicht mehr Ressourcen bekomme, dann können Sie auf mich nicht zählen...“) Denn damit setzen Sie vor allem sich selbst unter Druck.

Verhandlungsspielraum bewahren

Wenn Sie Dinge fordern, die Sie wirklich dringend brauchen, dann macht es Sinn, dass Sie auf Ihre Forderung einen Puffer aufschlagen, um sich Verhandlungsspielraum zu bewahren. Denn häufig wird Ihre Führungskraft versuchen, Sie herunterzuhandeln. Dann gibt Ihnen Ihr Puffer die Möglichkeit, flexibler zu agieren und sich kompromissbereit zu zeigen. Dass es Sinn macht, mit einem Puffer ins Gespräch zu gehen, gilt übrigens auch wenn Sie sich im Rahmen des Zielvereinbarungsgesprächs auf ein Ziel committen müssen (z.B. ein Umsatzziel, das Sie erreichen sollen). Nennen Sie zunächst ein eher niedrig angesetztes Ziel, um Spielraum zu haben, denn viele Führungskräfte werden Ihr erstes Angebot schon aus Prinzip nicht akzeptieren und versuchen, die Messlatte nach oben zu drücken.

Forderungen begründen

Wenn Sie Forderungen stellen, dann sollten Sie sie begründen. Dafür haben Sie sich in der Gesprächsvorbereitung ja schon einiges an Munition zurechtgelegt. Wie genau sollten Ihre Begründungen denn nun aber aussehen? Sicher gibt es Sachverhalte, bei denen detaillierte und längere Begründungen angebracht sind. Im Allgemeinen funktionieren kurze und knappe Begründungen aber deutlich besser und lassen Sie durchsetzungsstärker wirken. Je länger und ausführlicher Ihre Begründungen werden, desto mehr geraten Sie in eine Rechtfertigungs- und Bittsteller-Haltung. Besonders gut funktionieren Begründungen, bei denen deutlich wird welchen zukünftigen Nutzen Ihre Führungskraft hat, wenn sie Ihrer Forderung zustimmt.

Forderung wird abgelehnt?

Und wenn Ihre Forderung trotzdem abgebügelt wird? Dann sollten Sie nicht sofort die Segel streichen und klein beigeben. Äußern Sie Verständnis für die Position Ihrer Führungskraft und wiederholen Sie die gleiche Forderung mit der gleichen kurzen Begründung einfach nochmal. Also z.B.: „Ich verstehe, dass Ihr Budget knapp ist und es für Sie nicht leicht ist, mir A, B und C zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ist das Projekt XY ja auch ein Leuchtturmprojekt mit großem Prestige für Sie und damit ich es wie vereinbart stemmen kann brauche ich A, B und C.“

Vermeiden Sie es dagegen, neue Begründungen anzuführen und in langatmige Rechtfertigungen zu verfallen. Denn jede neue Begründung, die Sie anführen, ist ein Ansatzpunkt für eine neue Gegenargumentation ihrer Führungskraft und Sie geraten in einen argumentativen Schlagabtausch. Wenn Sie mit dem Wiederholen Ihrer Forderung und der einen Begründung nicht weiterkommen, macht es mehr Sinn, nun nach Alternativen zu fragen.

Das könnte sich in etwa so anhören: „Wenn keine Ressourcen für A, B und C zur Verfügung stehen – auf welche anderen Ressourcen und welche Unterstützung können wir denn dann zurückgreifen, damit wir das Projekt XY im kommenden Jahr erfolgreich stemmen können?“ Mit dieser Frage präsentieren Sie sich als Partner Ihrer Führungskraft bei der Lösung eines gemeinsamen Problems. Und in genau dieser Geisteshaltung sollten Jahresgespräche geführt werden. Dann wird das Mitarbeitergespräch nicht zum Schlagabtausch und Sie können Vertrauen aufbauen und gleichzeitig auf respektvolle Art die eigenen Ziele durchsetzen.

Bilder: imtmphoto / istockphoto.com, PanuddaN / istockphoto.com

Über den Autor

Dr. Florian Pressler ist freiberuflicher Rhetorik- und Kommunikationstrainer, Lehrtrainer für Verhandlungsführung an der Universität Augsburg und Gewinner nationaler Rhetorik- und Redewettbewerbe. Seit mehr als 15 Jahren unterstützt er Menschen dabei, durch bessere Kommunikation das zu bekommen, was sie wollen.

Nach einem Studium der Geschichtswissenschaft, Politik und Englischer Literatur hat er in Heidelberg zu einem wirtschaftshistorischen Thema promoviert, dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Augsburg gearbeitet und nebenberuflich einen MBA absolviert.

Nach Stationen als stellvertretender Projektleiter und Redaktionsleiter für den Deutschen Alpenverein machte er sich 2015 als Trainer selbstständig. Seminare zum Thema „Durchsetzung“ sind ein Schwerpunkt seiner Trainertätigkeit.

Wie Durchsetzung funktioniert, hat Florian Pressler während seines Studiums in einem Debattierclub gelernt. Für den Debating Club Heidelberg gewann er 2006 die Baden-Württembergische Meisterschaft im Hochschuldebattieren und war Zweitplatzierter bei der Süddeutschen Meisterschaft 2007. In diese Zeit fallen auch seine ersten Rhetorikseminare, die er als Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg gab.