Wirtschaft, Gesellschaft

„Wir müssen unsere mensch­li­chen Kompe­tenzen wieder stärken“

Interview mit Dennis Fischer

In Zukunft werden künstliche Intelligenzen, Roboter und Algorithmen immer mehr Aufgaben übernehmen – und wir Menschen geraten in Bezug auf Effizienz und Produktivität ins Hintertreffen. Da kann einem schon mal mulmig werden. Andererseits werden wir schon in wenigen Jahren in Jobs arbeiten, die wir heute noch nicht einmal kennen!

Was bedeutet das nun konkret für unsere berufliche Zukunft? Und welche Fähigkeiten brauchen wir, um uns für die Arbeitswelt der nächsten Jahre gut aufzustellen? Dennis Fischer, erfolgreicher Autor, Coach und Keynote Speaker, gibt Antworten.

Herr Fischer, wie sehen unsere Jobs in zehn Jahren aus? Werden wir demnächst unseren Roboterkollegen einen guten Morgen wünschen?

Gut möglich! Aber im Ernst: In Zukunft wird es nicht darum gehen, mit Maschinen in den Wettbewerb um mehr Effizienz oder Produktivität zu treten – diesen Kampf werden wir verlieren oder haben ihn bereits jetzt verloren. Wenn wir weiterhin in der Arbeitswelt bestehen wollen, geht es vielmehr darum, uns von Algorithmen, Robotern und Künstlichen Intelligenzen zu unterscheiden! Und das können wir nur, wenn wir unsere menschlichen Kompetenzen wieder stärken, anstatt uns wie Maschinen zu verhalten. Denn die gute Nachricht ist, dass es auch in Zukunft viele Aufgaben geben wird, die nur wir Menschen erledigen können.

Welche Future Work Skills werden wir denn brauchen?

Was wir auf jeden Fall nicht mehr benötigen werden, sind Skills wie Buchhaltung und Controlling, Fremdsprachen übersetzen oder Termine planen – all das nimmt uns schon heute die KI weitgehend ab. Es geht auch nicht darum, irgendwelche neuen futuristischen Kompetenzen zu entwickeln. Ich habe lange recherchiert, Studien gelesen, mit vielen intelligenten Menschen gesprochen – und letztlich neun Skills definiert, die in Zukunft entscheidend sein werden. Dazu gehören unter anderem soziale Empathie, kritisches Denken, lebenslanges Lernen, Selbstmanagement und Resilienz.

Future Work Skills

Erstmal nichts völlig Neues also.

Ganz genau. Darauf kommt es auch nicht an. Vielmehr geht es um die Frage: Wie können wir diese Skills in Zukunft noch besser einsetzen und trainieren? Und welche der Fähigkeiten sollten wir ganz persönlich noch ausbauen?

Spannende Fragen – wo sollten wir denn da ansetzen?

Nehmen wir an, jemand schätzt sich in drei Skills sehr gut ein, in drei anderen durchschnittlich und in drei eher am unteren Ende der Skala. Womit sollte sich derjenige dann zuerst beschäftigen? Genau, mit den drei mittleren! Denn es würde Monate oder Jahre dauern, in den drei gering ausgeprägten Skills über ein Mittelmaß hinauszukommen. Wenn es allerdings das Ziel ist, zu den Besten in einem Skill zu gehören, macht es Sinn, in die größten Stärken zu investieren und zu schauen, ob sie sich noch steigern lassen. Grundsätzlich geht es aber in Zukunft nicht darum, in allen neun Kompetenzen überdurchschnittlich gut zu sein. Es geht vor allem darum, zu wissen, wo wir auf der Skala stehen und was unsere wirklichen Stärken sind. Dann können wir dementsprechend handeln und uns in Projekten, Gruppenarbeiten oder Unternehmensgründungen andere Personen ins Team holen, die unsere Stärken komplementär ergänzen.

Wie finde ich denn heraus, ob mein Job zukunftsfähig ist?

Wenn wir unsere Aufgaben einer anderen Person innerhalb von vier Wochen beibringen oder ein Handbuch für unseren Job schreiben könnten, wird er sehr wahrscheinlich von einer Maschine oder einer Künstlichen Intelligenz übernommen werden. Dabei ist es egal, ob das Handbuch 5.400 Seiten dick ist. Solange es immer wiederkehrende Routineaufgaben sind, werden sie definitiv automatisiert. Wobei das sicherlich nicht von heute auf morgen erfolgen, sondern ein schleichender Prozess sein wird: Personen, die das Unternehmen verlassen, werden nicht nachbesetzt. Für Kollegen, die in Rente gehen, folgt niemand nach, und bei großen Krisen wird man die Chance nutzen, um Prozesse zu automatisieren und betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Wer in seinem Beruf anderen Menschen ein Gefühl vermittelt (etwa als Regisseur oder im Marketing), wer kreativ ist und eigene Ideen einbringt oder andere Menschen führt, hat gute Chancen, nicht durch einen Algorithmus ersetzt zu werden. Statt uns zu fragen, ob unser Job gefährdet ist, sollten wir aber ohnehin besser schauen, wie wir unsere Arbeit so gestalten können, dass wir nicht austauschbar sind – mithilfe der im Buch beschriebenen Skills.

Über den Autor

Dennis Fischer ist Trainer und Keynote-Speaker zu „Future Work Skills“. Er studierte Internationales Management in Deutschland und Frankreich. Nach zwei Stationen in Start-ups in Berlin und einem Ausflug in einen großen Konzern hat er 2016 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Heute begleitet Dennis Fischer zahlreiche namhafte Kunden dabei, ihre Mitarbeiter fit für die Arbeitswelt der Zukunft zu machen. Nach dem Erfolg seines Buches „52 Wege zum Erfolg“, das vom Hamburger Abendblatt als „TOP 10 Wirtschaftsbuch 2019“ ausgezeichnet wurde, widmet er sich in seinem neuen Buch den wichtigsten Soft Skills der Zukunft.

Nicht erst seit Corona wissen wir, dass die Arbeitswelt im Wandel ist und wir in den nächsten zehn Jahren neue Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen, um erfolgreich zu sein.

In seinen inspirierenden Keynotes möchte er seine Zuschauer inspirieren und motivieren, sich selbst und ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterzubilden, um fit für die Zukunft zu werden.

Wenn Dennis Fischer nicht gerade auf der Bühne steht oder seinen Podcast produziert, trifft man ihn beim Trailrunning in den Münchner Bergen. Dort nimmt er auch gerne einmal an einem 52 Kilometer langen Lauf quer durch das Karwendel teil.