Training, Coaching, Beratung

Einfach machen!

von Dennis Fischer

Eines Tages selbständig zu arbeiten, war schon immer mein Traum gewesen. Direkt nach dem Studium fühlte ich mich allerdings noch nicht bereit, etwas Eigenes zu gründen.

Also zog ich nach Berlin und suchte mein Glück in zwei Start-ups. Durch die vielen Freiheiten, die ich in diesen Jobs hatte, fühlte es sich auch fast an, als wäre ich selbständig, aber eben nur fast.

Das wurde mir schmerzlich bewusst als das zweite Start-up Insolvenz anmelden musste und ich keinen Job mehr hatte. Obwohl es vermutlich der beste Zeitpunkt für meine eigene Selbständigkeit gewesen wäre, fühlte ich mich noch nicht bereit. Ich wollte zunächst noch mehr Berufserfahrung sammeln und von anderen lernen. So zog ich von Berlin nach München und nahm einen Job als Projektleiter im IT- und Strategie-Bereich an. Nach zwei Jahren spürte ich wieder dieses Gefühl.

Ich konnte es nicht beschreiben, aber eine Stimme in mir sagte mir, dass ich die Selbständigkeit bald ausprobieren sollte, sonst würde ich es für immer bereuen.

Aber: Ich fühlte mich noch nicht bereit! Also bewarb ich mich für ein Entrepreneurship-Programm der Hochschule München und wurde genommen. Neben meinem 60-Stunden-Job investierte ich also weitere 20 Stunden pro Woche für dieses Programm. Ich hatte die Hoffnung dort die perfekten Mitgründer zu finden, wurde aber leider enttäuscht.

Was sollte ich tun? Ich tat das, was wir am naheliegendsten erschien. Ich las Bücher darüber, wie man das perfekte Unternehmen gründet. In der Theorie wusste ich, wie man den besten Amazon-Shop aufbaut oder ein Affiliate-Business gründet. Ich konnte nicht aufhören zu konsumieren, bis ich eines Freitags spürte, dass ich so niemals selbständig werden würde. Ich ging zu meinem Chef und bat ihn, meinen Arbeitsvertrag aufzuheben. Ich wusste der perfekte Moment würde niemals kommen und ich könnte noch jahrelang konsumieren, bevor ich selbst ins Produzieren kam.

Drei Formen des Daseins

Besteht unser Leben im Grunde nur aus drei verschiedenen Formen des Daseins? Dem Konsumieren, dem Produzieren und dem Nichtstun?

Auch wenn es auf den ersten Blick etwas vereinfacht erscheint, ist es genauso. Was sind typische Tätigkeiten in deinem Alltag? Mails lesen, in Meetings den Ausführungen deiner Kollegen oder Kunden lauschen, Podcasts hören, Netflix schauen, Essen, Trinken etc. Das alles kannst du unter „konsumieren“ zusammenfassen. Auf der anderen Seite schreibst du E-Mails, hältst eine Präsentation, verfasst einen Blogartikel, kochst und bringst den Müll raus. All das fällt unter die Überschrift „Produzieren“. Damit endet bei den meisten Personen schon der Tag und du gehst schlafen.

Wir befinden uns heute in einer Endlosschleife des Konsumierens. Damit meine ich nicht nur das Kaufen von Produkten, sondern vor allem den Konsum von Medien. Kaum ist der eine Film auf Netflix vorbei, startet automatisch der nächste. Na gut, denkst du dir, aber danach ist wirklich Schluss für heute. Und so vergeht Stunde um Stunde, Abend um Abend und es kommen immer wieder neue Filme und Serien dazu. Das gleiche gilt für unsere Sozialen Medien, in denen wir uns vorkommen wie in einem Hamsterrad. TikTok, Instagram und Co. sorgen dafür, dass wir niemals aufhören zu swipen. Stundenlang können wir nach unten wischen und auch wenn sich viele Inhalte irgendwann wiederholen, gibt es doch immer noch ein neues Video, das wir nicht kannten und das uns einen kleinen Dopaminkick beschert und uns weiter scrollen lässt.

Wie kommen wir raus aus dieser Dauerwerbesendung? Wie gelingt uns die Selbstermächtigung?

Der einzige Weg ist, endlich weniger zu konsumieren und mehr zu produzieren.

Ich weiß, dass dieses Hin- und Herpendeln zwischen Produktion und Konsum keine leichte Aufgabe ist. Beim Schreiben meiner Bücher versuche ich jeden Tag den gleichen Drahtseilakt zu vollführen. Ich wälze Studien, führe Interviews, höre Podcasts und lese Bücher. Alles mit der Frage im Hinterkopf: „Kann dieser Inhalt einen Mehrwert für mein Buch liefern?“ Dabei verliere auch ich mich immer wieder bei irgendeinem interessanten TED-Talk, der gar nichts mehr mit meinem Buchthema zu tun hat. Und das ist zu Beginn auch gut. Wenn wir uns einem neuen Thema widmen, sollte der Anteil des Konsumierens überwiegen.

Wenn du dich in ein neues Thema einarbeitest, fütterst du deinen Geist zunächst einmal mit allen Inhalten, die du finden kannst. Nach einiger Zeit jedoch merkst du, dass der Grenznutzen abnimmt.

Also wird dein zusätzlicher Nutzen pro Stunde Konsum immer geringer, weil du schon ein gutes Niveau erreicht hast. Jetzt kannst du noch zwei Wochen Podcasts hören oder YouTube-Videos schauen oder du kommst ins Produzieren.

Aber auch die Phase des Produzierens hält nicht endlos an. Irgendwann merkst du, dass du an eine gläserne Decke stößt. Du kommst mit deiner Karriere, deinem Business oder deiner persönlichen Entwicklung nicht weiter. Also suchst du wieder Rat bei Experten, Philosophen oder anderen interessanten Persönlichkeiten. Allerdings sollten sich Produzieren und Konsumieren hier nicht die Waage halten. Nach einer kurzen Phase des Input-Aufsaugens solltest du schnell wieder in die Umsetzung zu kommen. So pendelst du immer wieder zwischen diesen beiden Zuständen hin und her.

Wichtig ist dabei vor allem, dass du langfristig mehr produzierst als konsumierst. Lass uns lieber in die falsche Richtung laufen und dadurch lernen, als den perfekten Plan in der Schubladen zu haben, ihn aber nie in die Tat umzusetzen. Damit du endlich vom Konsumieren ins Produzieren kommst, habe ich dir drei konkrete Tipps mitgebracht:

1) Ziehe Wochenbilanz

Um zu wissen, wie gut oder schlecht wir aktuell schon im Produzieren sind, starte ich immer gerne mit der Erhebung des Status Quo. Dazu kannst du dir zum Beispiel deinen Kalender von letzter Woche nehmen und die Stunden zusammenaddieren. Wie viel Zeit hast du mit Konsum und wie viele Stunden hast du mit einer produktiven Tätigkeit verbracht?

Erst, wenn du dir einen guten Überblick verschafft hast, siehst du die größten Hebel. Sind es die drei Stunden Netflix jeden Abend oder die anderthalb Stunden Social Media jeden Tag beim Pendeln? Wo kannst du deinen Konsum reduzieren oder ersetzen?

2) Direkte Umwandlung

Was mir persönlich sehr geholfen hat, war ein einfacher Vorsatz: „Jeden Konsum möchte ich im Anschluss in Produktion umwandeln.“ Darf ich dir ein Beispiel geben, was ich damit meine?

Mein Blog 52ways.de ist damals so gestartet, dass ich schon immer gerne Business-Ratgeber gelesen und für mich selbst zusammengefasst habe. Mal mit Hilfe handschriftlicher Notizen, ein anderes Mal als Audio-Nachricht an mich selbst. Irgendwann haben mich immer mehr Freunde nach Buchtipps oder am besten gleich nach der Zusammenfassung des Buches gefragt. Daraufhin habe ich beschlossen einen Blog zu starten, auf dem ich jede Woche die besten Ideen eines Business-Ratgebers vorstellen wollte.

So konsumierte ich die Ratgeber nicht nur für mich selbst, sondern erlegte mir selbst die Verpflichtung auf, die Inhalte zu verarbeiten und komprimiert meinen Lesern zur Verfügung zu stellen. Das habe ich dann später auch für Podcasts, Blogartikel, YouTube-Videos und anderen Input angewandt. Ich versuche alle Inhalte, die für meine Zielgruppe spannend sein könnten, nicht einfach nur zu inhalieren, sondern zum Beispiel in einem LinkedIn-Beitrag, einem eigenen Podcast, einem Blogartikel oder meinem Newsletter weiterzugeben. Das müssen gar nicht immer fachliche Inhalte gewesen sein. Wir können auch die drei besten Learnings des Netflix-Films von gestern Abend teilen. Was kann ich von „Kill Bill“ für mein Business lernen? Was vom „Haus des Geldes“ für meine Finanzen?

3) Don’t jump around

Bislang haben wir immer nur vom Produzieren und vom Konsumieren gesprochen. Es fehlt allerdings noch ein dritter, enorm wichtiger, Schritt: Reflektieren. Zwischen dem Hin- und Herspringen vom Konsum zur Produktion und zurück, sollte immer eine Reflektion stattfinden. Dabei sollte die Frage „Warum?“ nicht fehlen. Warum will ich schon wieder Podcasts hören und Videos anschauen, anstatt weiter zu produzieren?

Vor allem ist mir ein Punkt zum Abschluss noch wichtig: Suche dir nicht zu viele selbsternannte Experten, deren Ratschlägen du folgst. Viele Wege führen nach Rom und am Ende wirst du deinen eigenen Weg gehen. Wenn du mehreren Coaches, Beratern oder Trainern gleichzeitig folgst, wird es dich eher lähmen, als dass es dich beflügelt. Ich versuche mich immer sechs bis zwölf Monate auf eine Person zu fokussieren, ihre Tipps und Tricks anzuwenden und dann wieder zu reflektieren. Bin ich dort, wo ich hinwollte? Wie fühle ich mich? Wie hat sich mein Bild dieser Person verändert?

Dann entscheide ich, ob ich lieber die Ratschläge einer anderen Expertin umsetze oder der aktuellen weiter folge. Nacheinander können wir so vielen Menschen folgen, wie wir wollen, aber nie nebeneinander! Dieser Wandel in meinem Leben hin zum Produzieren hat mich neben dem Blog zu meinem ersten Buch, zu meinen Podcasts, zu verschiedenen Kolumnen in Zeitungen und natürlich zu dem Buch geführt, das ich gerade im GABAL Verlag veröffentlichten durfte: Future Work Skills. Dafür bin ich unglaublich dankbar und hoffe, dass es dir in Zukunft auch gelingt weniger zu konsumieren.

Über den Autor

Dennis Fischer ist Trainer und Keynote-Speaker zu „Future Work Skills“. Er studierte Internationales Management in Deutschland und Frankreich. Nach zwei Stationen in Start-ups in Berlin und einem Ausflug in einen großen Konzern hat er 2016 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Heute begleitet Dennis Fischer zahlreiche namhafte Kunden dabei, ihre Mitarbeiter fit für die Arbeitswelt der Zukunft zu machen. Nach dem Erfolg seines Buches „52 Wege zum Erfolg“, das vom Hamburger Abendblatt als „TOP 10 Wirtschaftsbuch 2019“ ausgezeichnet wurde, widmet er sich in seinem neuen Buch den wichtigsten Soft Skills der Zukunft.

Nicht erst seit Corona wissen wir, dass die Arbeitswelt im Wandel ist und wir in den nächsten zehn Jahren neue Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen, um erfolgreich zu sein.

In seinen inspirierenden Keynotes möchte er seine Zuschauer inspirieren und motivieren, sich selbst und ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterzubilden, um fit für die Zukunft zu werden.

Wenn Dennis Fischer nicht gerade auf der Bühne steht oder seinen Podcast produziert, trifft man ihn beim Trailrunning in den Münchner Bergen. Dort nimmt er auch gerne einmal an einem 52 Kilometer langen Lauf quer durch das Karwendel teil.