Training, Coaching, Beratung

Team­be­ra­tung: Hilfe für Teams, wenn es mal kriselt

von Tomas Bohinc

Kaum eine Organisation kann auf Teams verzichten. Sie sind eine erfolgreiche Arbeitsform im Projektmanagement und in agilen Organisationen. Nicht immer jedoch arbeiten die Teammitglieder reibungslos zusammen. Wenn sich Ziele oder Rahmenbedingungen ändern, Schwierigkeiten auftreten oder Konflikte zwischen Teammitgliedern auftreten, leidet die Zusammenarbeit.

Wann setzt Teamberatung ein?

Nicht immer können Teams diese Probleme allein lösen. Hier setzt Teamberatung ein. Sie begleitet Teams bei der Lösungsfindung und hilft die Zusammenarbeit zu verbessern. Je nach Beratungsrichtung werden Teams durch Trainerinnen, Moderatoren, Prozessbegleiterinnen oder Facilitatoren unterstützt.

Die Begleitung von Gruppen hat viele Vorteile. Nicht nur, dass diesen geholfen wird, konkrete Probleme zu lösen, sie lernen auch viel über ihre eigenen Verhaltensweisen und können dieses Feedback nutzen, um ihre Arbeitsweise zu verbessern. Auf der persönlichen Ebene lernen sie, ihr eigenes Verhalten und das der anderen Teammitglieder besser zu verstehen und können dadurch ihre Persönlichkeit verändern. Nicht zuletzt wird die gesamte Organisation dadurch lernfähiger und kann sich besser an Herausforderungen anpassen. Man kann sogar sagen, dass Teambegleitung ein Element einer lernenden Organisation ist.

Kurt Levin und der Ursprung der Gruppendynamik

Kurt Levin, ein US-amerikanischer Psychologe, führte Anfang des 20. Jahrhundert in den USA mit einem Team Seminare durch. Dabei stellte er fest, dass sich das Verhalten der Seminargruppe änderte, wenn die Teilnehmenden abends bei der Reflexion der Trainerinnen und Trainer das Seminar besprachen.

Daraus entwickelt Kurt Levin erste Ansätze der Methode Gruppendynamik in dem von ihm 1945 gegründeten Research Center for Group Dynamics am Massachusetts Institute of Technology. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gruppendynamik von der amerikanischen Besatzungsmacht vor allem in Österreich bei der Schulung von Führungskräften eingesetzt und so im deutschsprachigen Raum verbreitet.

Kernelement des Beratungsansatzes der Gruppendynamik ist die T-Gruppe. In ihr lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Reflexion der eigenen Erfahrung in der Gruppe, die Muster des Verhaltens der anderen. Sie werden so sensibilisiert für das, was in ihren Teams abläuft. Eine Variante der T-Gruppen-Trainings sind Teamtrainings, die in unterschiedlichen Formen durchgeführt werden.

Moderationsmethode – Ein Durchbruch im Arbeiten mit Teams

Moderationsmethode

Die Moderationsmethode wurde Ende der 1960er-Jahre von einem kleinen deutschen Beraterteam, dem sogenannten Quickborner Team entwickelt. Die Berater fragten sich: Wie können Betroffene an Problemlösung- und Entscheidungsprozessen aktiv beteiligt werden? Als Antwort auf diese Frage entwickelten sie ein Vorgehen, das unter dem Namen „Moderationsmethode“ bzw. „Metaplan-Methode“ in Deutschland bekannt geworden ist.

In den 80iger und 90iger Jahren wurde sie ein fester Bestandteil der Gruppenarbeit und prägte mit den dafür entwickelten Arbeitsinstrumenten die Besprechungsräume. Sichtbares Kennzeichen dieser Methode sind die Moderationswände und der Moderationskoffer mit Karten, Stiften, Klebepunkten und weiteren Utensilien für die Durchführung einer Moderation. Während der Beratungsansatz der Gruppendynamik das Lernen der Teilnehmer im Vordergrund hat, steht bei der Moderationsmethode die Lösung von Problemen im Mittelpunkt.

Prozessbegleitung – die Antwort für komplexe Fragestellungen

Die Moderationsmethode hat ihre Stärke bei der Bearbeitung von konkreten Problemen. Insbesondere bei komplexen Veränderungsprozessen müssen nicht nur Gruppen, sondern ganze Organisationen über einen längeren Zeitraum begleitet werden. Auf der anderen Seite haben die systemtheoretischen Ansätze in der Psychologie und Soziologie das Repertoire der klassischen Moderatorinnen und Moderatoren erweitert.

Ein wichtiges Element der Prozessbegleitung sind Interventionen, mit denen Veränderungen im System der Kunden angeregt werden. Dies ist, neben Fragen, die einen neuen Blick auf die Situation ermöglichen, auch das strukturierte Arbeiten an Themen.   

Prozessbegleitererinnen und -begleiter konzentrieren sich wie Gruppendynamiktrainer und Moderatorinnen auf die Gestaltung von Prozessen in den Gruppen und Organisationen, die Veränderungsprozesse fachlich ausgestalten und umsetzen.

Facilitation und der Einfluss der angloamerikanischen Ansätze

In den 1990-Jahren führte Matthias zur Bonsen, ein Deutscher Berater, erste Trainings zu Großgruppenmoderation durch und machte damit die in England und Amerika entwickelten Ansätze wie RTSC-Konferenz, Open Space und Dynamic Facilitation im deutschsprachigen Raum bekannt.   

Der Begleiter in dieser Form von Beratung wird Facilitator genannt und die dahinterstehenden Ansätze werden unter dem Begriff Facilitation zusammengefasst. Facilitation unterstützt Teams, Netzwerke und Organisationen darin, vorhandenes Wissen und Potenziale zu nutzen und konkrete Projekte voranzubringen. Facilitating bedeutet wörtlich übersetzt „erleichternd, Leichtigkeit, Möglichkeit“. Gemeint ist die Hilfe zur Selbsthilfe, damit Menschen ihre persönlichen Ziele und Anliegen in die Organisation einbringen. Begleitet werden sie dabei von einem Facilitator.

Einen weiteren Impuls bekam Facilitation dadurch, dass diese Ansätze auch in die agilen Methoden eingeflossen sind und damit Facilitation bekannter gemacht haben.

Begleitung – das verbindende Element zwischen allen Ansätzen

Allen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie nicht die Probleme der Gruppen und Organisationen lösen, sondern den Beteiligten helfen, diese selbst zu lösen. Der Begriff, mit dem sich dies am besten beschreiben lässt, ist Begleitung. Trainerinnen, Moderatoren, Prozessberaterinnen und Facilitatoren begleiten die Menschen und Gruppen wie ein Reisebegleiter. Sie bieten ihnen den Rahmen, in dem sie eigene Erfahrungen machen können.

Durch diese Begleitung soll die kollektive Intelligenz von Gruppen entfaltet und Entscheidungen und Vereinbarungen getroffen werden. Dadurch entstehen ein echter, lebendiger und tiefer Kontakt und Dialog zwischen allen Teilnehmenden, indem für diese unterschiedlichen Perspektiven, Meinungen und Sichtweisen erfahrbar werden. So wird die Motivation der Mitarbeitenden gestärkt und die Bereitschaft zur Umsetzung der entwickelten Maßnahmen erhöht werden.

Oft haben Beraterinnen und Berater nicht nur eine Ausbildung in einer dieser Ansätze, sondern haben sich die Methoden mehrerer Ansätze angeeignet. Hinzu kommt, dass vor allem aus der Therapie kommende Ansätze in die Beratung einfließen. Beraterinnen und Berater lernen, indem sie sich selbst zum Beispiel durch Supervision und Coaching beraten lassen und aus der eigenen Arbeit lernen.

Wie finde ich die richtige Teamberatung

Die Anzahl der Angebote an Begleiterinnen und Begleitern ist groß. Dies erleichtert die Suche nicht unbedingt. Es ist nicht leicht, aus der Vielzahl der Angebote das für die konkrete Situation richtige herauszufinden. Wichtig ist deshalb, dass Sie sich als Auftraggeberin oder Auftraggeber klar darüber werden, welche Form von Begleitung Sie benötigen. Fragen Sie sich: Was ist das Problem? Welche Rahmenbedingungen gibt es für die Lösung? Welche eigenen Erfahrungen habe ich mit Teamberaterinnen und -beratern gemacht? Dies gibt Ihnen Anhaltspunkte, um Angebote im Internet zu recherchieren.

Der nächste Schritt ist, dass Sie die Anbieterinnen und Anbieter kontaktieren und in einem Erstgespräch klären, ob die vom Berater oder von der Beraterin vorgeschlagene Vorgehensweise ihren Vorstellungen entspricht. Die besseren klären von ihrer Seite, ob Sie mit ihrem Angebot Ihr Problem lösen können. Es ist ein gutes Zeichen, wenn der Berater oder die Beraterin viel über Ihre Situation wissen will. Kontaktieren Sie mehrere Anbieterinnen und Anbieter. Durch die intensiven Gespräche lernen Sie mehr über ihre Situation und können die Angebote fundierter beurteilen.

 

Bücher im Gabal-Verlag zu diesem Thema

Tomas Bohinc: Projektmanagement – Soft Skills für Projektleiter. Projektmanagement - Tomas Bohinc

Josef Seifert: Besprechungen erfolgreich moderieren. Besprechungen erfolgreich moderieren - Josef W. Seifert

Josef W. Seifert: 30 Minuten moderieren. 30 Minuten moderieren - Josef W. Seifert

Josef W. Seifert: Visualisieren, Präsentieren, Moderieren. Visualisieren Präsentieren Moderieren - Josef W. Seifert

Ulrike Müller: So führen Sie ein Team zum Erfolg. So führen Sie ein Team zum Erfolg - Ulrike Müller

Über den Autor

Dr. Tomas Bohinc kann auf langjährige Erfahrungen in einem großen Unternehmen zurückblicken. Er war für die Deutsche Telekom AG und ihre Vorgängerorganisationen in unterschiedlichen Bereichen tätig und u. a. für die Qualifizierung von Projektleitern zuständig. Er ist Dozent an der Hochschule für Telekommunikation in Leipzig und veröffentlicht regelmäßig Artikel zum Projektmanagement im Projektmagazin. Tomas Bohinc studierte Physik, Nachrichtentechnik sowie Philosophie und absolvierte ein Postgraduiertenstudium im Bereich Team- und Organisationsentwicklung. Darüber hinaus ist er u. a. Autor des Buches "Projektmanagement: Soft Skills für Projektleiter".