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Small Talk in virtu­ellen Verhand­lungen

GABAL-Autorin und Verhand­lungs­ex­pertin Jutta Portner verrät Dos and Don´ts

Small Talk gehört zur virtuellen Verhandlung wie der Aperitif und die Vorspeise zu einem guten Essen. In vielen Kulturen wird der Aufbau einer tragfähigen Beziehung als der wichtigste Teil der Verhandlung gesehen. Small Talk ist Teil des Geschäftslebens, ob Sie ihn mögen oder nicht. Sobald man sich vertraut, sind Vertragsfragen oft nur mehr Formsache.

Stellen Sie auf jeden Fall viele offene Fragen, damit ermutigen Sie Ihre Verhandlungspartner:innen, etwas von sich preiszugeben. Die Antworten auf geschlossene Fragen lauten nur »Ja« oder »Nein«.

Tipps zum Führen von Small Talk in Online-Verhandlungen:

  1. Zeigen Sie echtes Interesse, indem Sie aufmerksam zuhören und auf das reagieren, was Ihnen erzählt wird.
  2. Teilen Sie auch online persönliche Erlebnisse durch kleine, der Situation angemessene Anekdoten aus Ihrem eigenen Leben. Zeigen Sie, wer Sie sind.
  3. Konzentrieren Sie sich im Laufe des Gespräches auf Gemeinsamkeiten und verknüpfen Sie so die Erzählstränge zu einem starken Band.
  4. Halten Sie den Small Talk leicht. Small Talk ist wie ein kleines weißes Wölkchen am Himmel, keine Gewitterwolke. Schwere, kontroverse und negative Themen machen keine Lust auf ein weiteres Gespräch.
  5. Seien Sie präsent. Schenken Sie Ihren virtuellen Verhandlungspartner: innen die volle Aufmerksamkeit. Halten Sie Ablenkungen fern, auch wenn die Verlockung noch so groß ist, einen kurzen Blick in den Posteingang zu werfen.
  6. Zeigen Sie Empathie. Achten Sie auf emotionale Reaktionen, erkennen Sie diese schon im Small Talk an, und spiegeln Sie die Betroffenheit Ihres Gegenübers.
  7. Humorvoller Small Talk ist erlaubt. Es hebt erwiesenermaßen die Stimmung, wenn gemeinsam gelacht werden kann. Nehmen Sie dabei lieber sich selbst auf die Schippe als andere.
  8. Fokussieren Sie sich auf das Positive und Zuversichtliche. Verstärken Sie die positiven Aspekte und lassen Sie Negatives links liegen. Damit setzen Sie bereits den Ton für die kommende Verhandlung.

Diese Themen eignen sich für virtuellen Small Talk:

  • Ob online oder nicht – das Wetter bleibt der Klassiker schlechthin
  • Der Anlass der Verhandlung – Aktualität des Themas
  • Die Stadt, Region oder das Land, in dem die Verhandlungspartner: innen leben
  • Aktuelle Nachrichten – bitte nur Positives ansprechen
  • Regelung zum mobilen Arbeiten in der jeweiligen Organisation
  • Urlaubsziele – gerade in der Ferienzeit sehr beliebt
  • Hobbys – jeder spricht gerne über seine Interessen, haken Sie doch mal mit ein paar Fragen nach

Lassen Sie lieber die Finger von diesen Themen für Ihren virtuellen Small Talk:

  • Kontroverse Themen, wie Politik oder Religion
  • Persönliche Themen, wie gesundheitliche Probleme oder finanzielle Schwierigkeiten
  • Zu private Themen, wie Details zu intimen Beziehungen
  • Beleidigende und sensible Themen, wie sexistische oder rassistische Kommentare

Beachten Sie auch das veranlagte Kommunikationsverhalten …

In Online-Verhandlungen kann sich manchmal das ursprünglich veranlagte Kommunikationsverhalten eines Menschen verstärken. Introvertierte tauschen sich noch weniger gern ausführlich beim Small Talk aus. Extrovertierte nehmen auch online viel Raum ein und müssen ab und an sanft eingefangen werden.

… und andere Kommunikationsstile in anderen Kulturkreisen

Denken Sie daran, dass Verhandelnde aus anderen Kulturkreisen auch unterschiedlich in Hinblick auf ihren Kommunikationsstil agieren: Online-Verhandelnde aus Kulturkreisen mit direktem Verhandlungsstil werden noch schneller auf den Punkt kommen und dabei das Gefühl haben, sehr effizient zu sein. Online-Verhandelnde aus Kulturkreisen mit einem indirekten Verhandlungsstil dagegen werden besonders bei negativen Bescheiden noch weniger offen sein und die eine oder andere Entscheidung vielleicht lieber aussitzen.

VIRTUELL VERHANDELN. BEST PRACTICE

Haben Sie einen gemeinsamen Kontakt? Jemanden, zu dem Ihre neuen Geschäftspartner:innen und Sie beide Vertrauen haben?

Wunderbar! Bitten Sie diese Person zu Beginn des ersten virtuellen Kennenlernens, die Rolle des Gastgebenden zu übernehmen und Sie einander vorzustellen. Das wirkt wie ein Turbo für die Bildung des Vertrauens, besonders wenn nicht wir selbst, sondern andere Gutes über uns sagen.

Nach der virtuellen Verhandlung ist vor der virtuellen Verhandlung

In virtuellen Verhandlungen bleibt auch der »weiche« Part des Ausklangs oft auf der Strecke. Man hat die Entscheidung mit einem »Okay« abgenickt, die nächsten Schritte besprochen und winkt kurz zum Abschied in die Kamera, sofern sie denn an ist. Sehr oft findet kein Small Talk mehr statt, und statt des gemeinsamen Essens sitzen die Beteiligten wieder allein im Homeoffice oder im Büro vor ihrem Rechner. Während introvertierte Menschen manchmal sogar erleichtert sind, nicht noch Socializing betreiben zu müssen, bleibt bei extrovertierten Verhandelnden schon mal ein Gefühl der Leere zurück. Für beide Parteien sind ein paar nette Worte zum Verlauf der Verhandlung und Zuversicht in Bezug auf die Umsetzung des Ergebnisses eine wertvolle Investition in die zukünftige Zusammenarbeit. Denn auch online gilt: Nach der einen virtuellen Verhandlung ist vor der nächsten virtuellen Verhandlung. So wie wir auseinandergehen, kommen wir auch wieder zusammen.

Bildquelle: Dragos Condrea / istockphoto

Über die Autorin

Jutta Portner ist Gründerin und Geschäftsführerin von C-TO-BE. THE COACHING COMPANY und spezialisiert auf Verhandlungsführung und Verhandlungsberatung. Als Business Coach und Management Trainerin ist sie für internationale Unternehmen wie Daimler, Volkswagen, Siemens, Telefonica, Airbus u.a. tätig und führt weltweit Verhandlungstrainings für Führungskräfte durch. Jutta Portner lebt in Ambach am Starnberger See.