Training, Coaching, Beratung

Arbeits­zu­frie­den­heit ist machbar

Von Hans-Georg Willmann

Hand auf Herz. Sind Sie zufrieden in Ihrem Job? Laut aktuellen Studien herrscht in vielen Büros und Werkhallen deutscher Unternehmen eine große Unzufriedenheit bei den Beschäftigten. Viele Mitarbeiter*innen haben das Gefühl, sich in ihrem Job nicht richtig einbringen zu können, zu wenig Anerkennung zu erhalten oder zu viel Zeit am Arbeitsplatz zu verbringen.

In diesem Beitrag verrate ich Ihnen wodurch Arbeitszufriedenheit zustande kommt und was Sie selbst dafür machen können, dass Sie Im Job langfristig zufrieden bleiben.

Wunsch und Wirklichkeit

Die Frage danach, wie zufrieden Sie im Job sind, ist die Frage danach, wie gut Ihre Wünsche (Bedürfnisse und Erwartungen) und die Wirklichkeit (Job-Realität) zusammenpassen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig zufrieden gefühlt? Ein Gefühl der Zufriedenheit stellt sich erfahrungsgemäß ein, wenn Bedürfnisse und Erwartungen (Ansprüche) erfüllt sind. Im Job vergleichen Sie Ihre Ansprüche an die Arbeitssituation bewusst oder unbewusst immerfort mit der Realität, also der tatsächlich wahrgenommenen Arbeitssituation. Und Sie haben, wie jeder Mensch, ein feines Gespür dafür, ob Sie sich dies- oder jenseits der Zufriedenheitsgrenze befinden. Liegen Ihre Ansprüche höher, als sich in der Realität erfüllen lassen, sind Sie unzufrieden.

Zwei Beispiele:

Sie erwarten mehr Gehalt. Ihr Chef sagt, dass eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist. Anspruch und Realität fallen auseinander. Sie sind unzufrieden. Sie haben das Bedürfnis nach mehr Anerkennung. Ihr Chef lobt Sie nicht. Anspruch und Realität fallen auseinander. Sie sind unzufrieden. Zufriedenheit ist ein flüchtiger Zustand, weil sich unsere Ansprüche und die Realität im Laufe der Zeit verändern. Wir bewegen uns im (Arbeits-)Leben unaufhörlich zwischen Phasen der Zufriedenheit und Phasen der Unzufriedenheit wellenförmig auf und ab.

Arbeitszufriedenheit ist machbar

Mal sind Sie unzufrieden, weil Ihre Ansprüche höher sind als tatsächlich realisierbar. Ein andermal sind Sie zufrieden, weil Ihre Ansprüche und die Realität ganz gut zusammenpassen. Das ist das ganz normale Auf und Ab im Leben. Eine momentane Unzufriedenheit kann ein produktiver Zustand und die Triebfeder für eine positive Veränderung Ihrer Job-Realität sein. Vielleicht surfen Sie sogar auf einer aufsteigenden Zufriedenheitswelle und entwickeln sich weiter.

Wenn Sie jedoch keine Möglichkeit sehen, auf Dauer an der Arbeitssituation, die Sie unzufrieden macht, etwas zu ändern oder ihre Ansprüche anzupassen werden Sie chronisch unzufrieden und oftmals krank. Denn ein andauerndes Ungleichgewicht zwischen den eigenen Ansprüchen und der wahrgenommenen Realität ist für uns Menschen nur sehr schwer zu ertragen.

Tipp: Notieren Sie gleich einmal einige Stichworte dazu, was Sie heute in der Arbeit zufrieden gemacht hat und womit Sie unzufrieden sind. Machen Sie den Realitätscheck anhand harter und weicher Job-Faktoren, wie zum Beispiel: Gehalt, Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsmittel, Arbeitsplatzsicherheit, Identifikation mit dem Unternehmen, Sinnhaftigkeit der Aufgaben, Möglichkeit Ihre Fähigkeiten einzusetzen, Entwicklungsmöglichkeiten, Autonomie, Anerkennung, Wertschätzung und Umgang miteinander.

Möglichkeiten

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen die Möglichkeiten, die Sie haben, um im Job zufriedener zu werden. Bevor Sie Missstände in der Arbeit resigniert aushalten oder Ihren Job frustriert hinschmeißen, lohnt es sich darüber nachzudenken, welche anderen Optionen Ihnen offenstehen, um zufriedener zu werden. Schauen Sie sich dazu noch einmal Ihren Realitätscheck an. Wie weit liegen Ihre Wünsche (Ansprüche) und die Wirklichkeit (Job-Realität) aktuell auseinander?

Wenn Ihre Ansprüche nicht zu Ihrer Job-Realität passen, gibt es generell zwei Richtungen, in die Sie gehen können:

Ändern Sie Ihre Ansprüche oder ändern Sie etwas an Ihrer Job-Situation. (h3)

  1. Reden Sie mit Ihrem Chef (und/oder den Kollegen) und finden Sie gemeinsam besser passende Lösungen für die Problembereiche, die nicht zu Ihren Ansprüchen passen. Auf diesem Weg halten Sie Ihre Ansprüche aufrecht und suchen eine konstruktive Lösung im aktuellen Job.
  2. Suchen Sie sich einen neuen Job bei dem Sie mehr von Ihren Bedürfnissen und Erwartungen erfüllen können. Auch hierbei halten Sie Ihre Ansprüche aufrecht und suchen eine konstruktive Lösung außerhalb.

    Wenn Sie die äußeren Umstände (Ihre Job-Realität) im Augenblick nicht so verändern können, dass sie Ihnen passend erscheinen, können Sie immer noch Ihre Ansprüche anpassen.
  3. Reden Sie sich die Dinge schön und gehen Sie dazu über, Ihre Arbeit zum Beispiel doch irgendwie interessant, die Kollegen nett und den Chef akzeptabel zu finden. Dabei halten Sie Ihre Ansprüche aufrecht, verändern jedoch Ihre Wahrnehmung der Arbeitssituation. Das nennt man Pseudozufriedenheit – und auch das kann vorübergehend sinnvoll sein.
  4. Passen Sie Ihre Ansprüche an, akzeptieren Sie Ihre Arbeitssituation und erkennen Sie, dass Sie zu viel erwartet haben. Hier senken Sie Ihre Ansprüche, was vorübergehend entlasten, auf Dauer jedoch zu Resignation führen kann.
Arbeitszufriedenheit ist machbar

Viele Mitarbeiter*innen haben Angst davor, mit dem Chef zu sprechen oder sich einen neuen Job zu suchen. Manchmal hat man einfach nicht die Kraft, um sich auf das Gespräch mit seinem Chef einzulassen oder gar einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Manchmal braucht man seine ganze Energie für eine schwierige Situation in der Familie oder man hat langfristige Pläne und ist bereit, dafür eine gewisse Zeit lang mit seiner Unzufriedenheit umzugehen – sich die Dinge ein wenig schöner zu reden, als sie sind oder seine Ansprüche im Job vorübergehend runterzuschrauben.

Achten Sie jedoch darauf, dass Sie sich nicht zu lange verbiegen. Es ist gesünder, sich aktiv auf ein Chefgespräch vorzubereiten oder nach passenden Stellenanzeigen für einen neuen Job zu suchen. Für beides, die Jobsuche und das Gespräch mit dem Chef, gibt es best practices die Sie lernen und nutzen können, um entweder Ihre Arbeitsbedingungen im aktuellen Job zu verbessern oder einen zu Ihren Wünschen besser passenden Job zu finden.

Tipp: Zufriedenheit ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Es ist unmöglich, alle seine Bedürfnisse und Erwartungen jederzeit gleichermaßen zu befriedigen. Selbst wenn wir unsere Bedürfnisse befriedigen können, bleibt Zufriedenheit häufig aus, weil unsere Erwartungen größer sind als das, was wir realisieren können. In einer Welt der 100.000 Möglichkeiten ist es gar nicht so leicht, auf das zu schauen, was wir haben, und nicht auf das, was uns (scheinbar) fehlt. Versuchen Sie es trotzdem einmal und notieren Sie gleich einige Dinge, für die Sie heute dankbar sind. Manchmal darf man sich erlauben mit dem zufrieden zu sein, was man hat.

Fazit

Wir fühlen uns zufrieden, wenn unsere Ansprüche an die Arbeit und die Job-Realität zusammenpassen. Dabei ist Zufriedenheit ein flüchtiger Zustand, weil sich sowohl persönliche Ansprüche als auch die Arbeitssituation im Laufe der Zeit verändern. Und Unzufriedenheit ist nicht per se schlecht, weil sie die Triebfeder für Veränderung und Entwicklung sein kann. Realitätscheck: Worüber reden wir eigentlich, wenn wir sagen, dass wir unzufrieden sind? Um etwas zu verändern, müssen wir wissen, was wir verändern wollen, um dann zu prüfen, ob wir es verändern können. Dazu ist es hilfreich, die harten Fakten (z.B. Gehalt) von den weichen Faktoren (z.B. Anerkennung) zu unterscheiden und dann zu prüfen, welcher Weg in unserer aktuellen Lebenssituation der Beste ist: Mit dem Chef reden, einen neuen Job suchen, sich die Dinge ein wenig schöner reden, als sie sind oder die eigenen Ansprüche senken.

Über den Autor

Hans-Georg Willmann fokussiert sich seit über 20 Jahren darauf, Menschen bei der Verwirklichung ihrer Karriere- und Lebensziele zu unterstützen. Dabei greift der Diplom-Psychologe und zertifizierte Coach (Berufsverband Deutscher Psychologen) auf ein fundiertes Business-Know-how in der Personalarbeit, im Coaching und im Outplacement zurück. 2003 gründete Willmann sein eigenes Unternehmen für Personalberatung & Coaching. Davor arbeitete er im Personalwesen, u.a. für den Deutschen Entwicklungsdienst (heute Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) und im Bereich der Outplacement-Beratung in Projekten für SIEMENS, DEBITEL und andere Großunternehmen. Willmann hat mehr als 30 Bücher geschrieben, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Darunter 30 Minuten Willenskraft, Erfolg durch Willenskraft und 30 Minuten Selbstvertrauen. Seine Mission: Menschen weiterbringen. Der Freiburger lebt seit 2016 in Australien und berät online: weltweit.