Management, Führung

Vergessen Sie Führungs­stile!

von Philip Semmel­roth

Mein Fokus in meinem Führungsstil lag immer darauf, Menschen zu befähigen, von Problembeschreibern zu Problemlösern zu werden. Mitarbeiter sollten selbstständig und ohne den Chef im Nacken die im betrieblichen und in meinem Sinne sinnvollsten Entscheidungen treffen, ohne sich erst im Detail abzusichern oder durch kleine Hindernisse (Stammwerkstatt zu, Reifen nicht da …) aufhalten zu lassen. Darüber hinaus war mir wichtig, dass so wenige Personen wie möglich in eine Aufgabe involviert wurden. Das oberste Ziel aber war, mich aus allem herauszuhalten.

Selbstverständlich wäre es möglich gewesen, selbst zu prüfen, ob ein Reserverad im Auto liegt. Aber diese ganzen Rücksprachen verzögern nur alles. Im Unternehmen war daher fest in den Köpfen der Mitarbeiter verankert, Schnittstellen zu vermeiden. Diese Denke hat sehr zu unserem Erfolg beigetragen, denn sie steigert auch das Kundenerlebnis.

Kunden bestellen keine Produkte oder Dienstleistungen, sie bestellen Ergebnisse.

Und diese kommen schneller zustande und sind überzeugender, wenn die Kunden nicht auf Abstimmungen im Unternehmen warten müssen. Und falls Sie einwenden, ich hätte doch Geld sparen können, wenn ein Reservereifen da gewesen oder die Wahl der Werkstatt mit mir abgestimmt worden wäre: Lesen Sie das Kapitel »Transaktionskosten oder Milchmädchenrechnungen im Unternehmen« in meinem Buch »55 Business-Turbos für KMU«.

Es gibt keinen idealen Führungsstil!

Sie merken schon: Ich habe nicht vor, Ihnen das Thema Führung aus theoretischer Sicht zu präsentieren und Thesen zu wiederholen, die Sie bereits in vielen Führungsbüchern lesen konnten.

Ich liefere einen Praxisbericht, von dem ich mir Impulse für Ihren Alltag verspreche. »Führungsstile« zu präsentieren, bringt aus meiner Sicht ohnehin nichts, weil es den idealen Führungsstil nicht gibt.

Es spielt letztlich keine Rolle, ob jemand autoritär, kooperativ oder partizipativ führt. Der einzige Bewertungsmaßstab für Führungsstile muss sein, ob der in einer bestimmten Situation gewählte Stil wirksam ist – ob Sie damit Ihre Ziele erreichen.
Wenn es brennt, berufen Sie keine Diskussionsrunde ein. Und wenn Sie die Kreativität Ihrer Mitarbeiter mobilisieren wollen, ist es nicht besonders schlau, ihnen alles vorzuschreiben.

Mein Ziel war, mich im Alltagsgeschäft weitgehend überflüssig zu machen. Wenn Ihr Ziel ein anderes ist – etwa die volle Kontrolle über alles zu behalten, was in Ihrem Unternehmen passiert –, müssen Sie einen anderen Führungsstil verfolgen. Meiner Erfahrung nach träumen die meisten Unternehmer allerdings davon, aus dem täglichen Hamsterrad auszusteigen. Und »alles« unter Kontrolle zu haben, ist ab einer bestimmten Unternehmensgröße ohnehin eine Illusion. Streng genommen gilt das ab dem ersten Mitarbeiter, den Sie einstellen.

Vergessen Sie Führungsstile!

Jede Führungskraft hat die Mitarbeiter, die sie verdient

In der Realität ist das eigene Führungsverhalten eine Kombination aus erlernten und erprobten Vorgehensweisen, Erfahrung und Persönlichkeit. Vor allem in Stresssituationen schlägt die eigene Persönlichkeit durch und alle im Seminar geübten Techniken und sämtliche guten Vorsätze sind vergessen.

Deshalb erscheint es mir für Führungskräfte auch wichtiger, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, als Führungsmodelle zu pauken. Machen Sie sich weniger Gedanken darüber, was Sie für einen Führungsstil haben und wie Sie diesen nennen würden. Prüfen Sie einfach, ob das, was Sie tun, die gewünschten Ergebnisse bringt.

Das Ziel in diesem Buch ist, Sie in die Lage zu versetzen, ein Unternehmen zu bauen, das im Alltag ohne Sie funktioniert und das Sie jederzeit verkaufen könnten. Aber auch wenn Sie so weit nicht gehen wollen, werden einzelne Elemente aus meinem Führungskonzept von Vorteil für Sie sein.

Viele Unternehmer klagen darüber, dass ihre Mitarbeiter »allein nichts geregelt kriegen«. Die brutal ehrliche Antwort darauf lautet:

Auf Dauer hat jede Führungskraft die Mitarbeiter, die sie verdient.

Es bleiben diejenigen, die mit Ihrer Art zu führen zurechtkommen oder bereit sind, sich anzupassen – aus welchen Gründen auch immer, und sei es nur, weil sie vor Ort ein Haus gebaut haben. Die anderen gehen eher früher als später. Das war bei mir genauso: Selbstständige Menschen blühten auf. Menschen, die klare Ansagen und kleinteilige Führung wollten, kündigten meistens schon im ersten Jahr. Wenn Sie sich mehr Eigenverantwortung im Unternehmen wünschen, bedeutet das: Der einzige Weg dorthin ist, dass Sie Ihr eigenes Verhalten ändern und selbstverantwortliches Handeln zulassen. Nur dann werden Ihre Mitarbeiter nachziehen.

»Actions speak louder than words«, sagt man in den USA. Menschen tun nicht das, was man ihnen sagt, sondern das, was man ihnen vorlebt.

Über den Autor

Philip Semmelroth ist Experte für Unternehmenserfolge. Er macht Firmen profitabler. Basierend auf nachweislich erfolgreichen Strategien transformiert er Firmen in vertriebsfokussierte Unternehmen, wo jeder, vom Auszubildenden über den Buchhalter bis hin zum Geschäftsführer versteht, wie man Kunden begeistert und Abschlüsse sichert. Der Gründer und Geschäftsführer der C&S – Computer und Service GmbH in Leverkusen und heutige Keynote-Speaker startete sein erstes Unternehmen schon mit 18 Jahren, baute ein eigenverantwortlich handelndes Team auf und zählte schnell auch internationale Konzerne zu seinen Kunden. Sein Unternehmenskonzept überzeugte auch mitten in der Corona-Krise erfahrene Investoren, sodass er das Unternehmen im September 2020 nach über zwei Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit verkaufte, um sich ganz seiner zweiten Passion zu widmen: Er ist national und international als Keynote-Speaker, Berater für KMUs mit Schwerpunkt Business- und Vertriebsstrategie sowie als mitreißender Trainer für Vertriebsteams gefragt. Zu seinen Kunden gehören Finanzdienstleister, Handwerker, Apotheker, IT-Unternehmer, Touristiker, Start-ups und Mittelständler.
Philip Semmelroth absolvierte in Deutschland erfolgreich ein Studium zum Diplom-Kaufmann und schloss im Rahmen eines Stipendiums ein MBA-Studium in den USA mit Bestnoten ab. Er spricht regelmäßig auf Deutsch und Englisch auf zahlreichen Podien über Verkauf und Vertrieb, Unternehmenserfolg und Persönlichkeitsentwick