Management, Führung

Mut. Erfolg. Führungs­kraft. Warum ohne Wagnis kein Wachstum gelingt

Inspi­riert von Regel Nr. 2 aus dem Buch „Oma wär ein verdammt guter CEO“ von Paul Johannes Baum­gartner und Holger Mandel.

Was hat eine bayerische Oma mit moderner Führung zu tun? Eine ganze Menge – wenn es nach Paul Johannes Baumgartner und Holger Mandel geht. In ihrem Buch „Oma wär ein verdammt guter CEO“ verpacken die Autoren Lebensweisheiten aus dem Alltag in ebenso unterhaltsame wie kluge Leadership-Lektionen. Eine dieser Regeln lautet: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Dahinter steckt mehr als ein Spruch – es ist eine Führungshaltung.

Diese Regel kommt übrigens von Oma Grafwallner aus Achslach im Bayerischen Wald. Sie war eine sehr kluge und weitsichtige Frau. (Anmerkung des Verlags: Kein Wunder, es handelt sich hier schließlich um die Oma von Autor Paul Johannes Baumgartner.)

Erfolg und Mut: Das sagt Paul Johannes Baumgartner

Ich wage zu behaupten, dass sich jeder halbwegs ambitionierte Mensch freut, wenn ihm etwas gut gelingt.

Das Kleinkind, das plötzlich auf eigenen Beinen stehen kann. Das Schulkind, wenn es gute Noten bekommt. Der Erwachsene, wenn er privat oder beruflich erfolgreich ist.

Was jedoch unbestritten ist: Um Erfolg zu haben, braucht es Mut und Einsatz. Das Kleinkind muss sich buchstäblich aufraffen, um festzustellen, dass es in aufrechter Position viel mehr Möglichkeiten hat. Es kommt zum Beispiel leichter an die oberen Fächer im Küchenregal, in dem die Süßigkeiten versteckt sind.

Das Schulkind muss erkennen, dass mit guten Noten die Wahrscheinlichkeit steigt, einen guten Job zu finden, der wirklich Spaß macht und Sinn verspricht. Der Einsatz: büffeln. Und der Erwachsene weiß irgendwann, dass er mit dem Erreichen seiner Ziele, einem guten Einkommen oder mehr Freizeit sein Leben und das Leben seiner Liebsten angenehm gestalten kann.

Liebe Führungskräfte, feiern Sie sich!

Doch was, wenn die Ziele erreicht sind? Wenn ein Plan aufgegangen ist, ein Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde? Hier beginnt oft das Drama in vielen Führungsetagen. Es wird einfach weitergemacht und so getan, als ob nichts gewesen wäre. In einem meiner Positive-Leadership-Bootcamps stellte ich einer Gruppe von Führungskräften die Frage:

»Wer von Ihnen hält bewusst inne, wenn er eine Aufgabe erfolgreich bewältigt hat, und feiert ganz bewusst seine Erfolge? Bitte einmal kurz aufstehen.«

Dröhnendes Schweigen im Seminarraum. Betretene Blicke. Alle 80 Teilnehmer blieben sitzen.

Erfolge feiern – warum fällt das manchen Führungskräften so schwer?

Hohe Erwartungen

Der häufigste Grund dafür, warum viele Führungskräfte gerne die eigenen Erfolge unter den Teppich kehren, ist, dass sie dazu neigen, extrem hohe Erwartungen an sich selbst zu haben. Sie sind ehrgeizig und haben klare Ziele vor Augen. Das Erreichen ihrer Ziele wird oft als eine Erwartung und nicht als Erfolg angesehen. Sie fühlen sich verpflichtet, kontinuierlich erfolgreich zu sein, und tendieren deshalb dazu, Erfolge herunterzuspielen, da sie glauben, dass sie noch mehr erreichen sollten. 

Spitzensportler haben erstaunlicherweise weniger ein Problem damit, oder haben Sie schon einmal einen Sieger erlebt, der aus Bescheidenheit der Siegerehrung fernblieb?

Zeitdruck

Ein weiterer wichtiger Grund ist der Zeitdruck, dem Führungskräfte ausgesetzt sind. Er lässt oft wenig Raum für Reflexion. Sie sind in der Regel so damit beschäftigt, die nächste Herausforderung zu bewältigen, dass sie ihre bisherigen Erfolge vernachlässigen. Der Blick ist ständig auf die Zukunft gerichtet und die Gegenwart wird oft übersehen. 

Bescheidenheit

Auch Bescheidenheit kann eine Rolle spielen, wenngleich das aus meiner Erfahrung eher seltener vorkommt. Diese Führungskräfte legen aus meiner Beobachtung den Fokus auf ihre Teams und Organisationen und sehen ihren eigenen Beitrag als selbstverständlich an. Sie messen ihren Erfolg nicht an individuellen Leistungen, sondern an den Erfolgen ihres Teams. Dies führt dazu, dass sie ihre persönlichen Erfolge vernachlässigen. 

Fokus auf Verbesserung

Der Fokus auf Verbesserung ist ein weiterer Grund, Erfolge nicht zu feiern.  Führungskräfte sind in der Regel bestrebt, sich ständig zu verbessern. Sie neigen dazu, selbstkritisch zu sein. Sie konzentrieren sich oft auf das, was schiefgelaufen ist, statt auf das, was gut gelaufen ist. Dies führt dazu, dass sie ihre Erfolge übersehen und ihre Aufmerksamkeit auf die Aspekte lenken, die noch verbessert werden müssen, wodurch sie sich mehr auf ihre Schwachstellen konzentrieren als auf ihre Erfolge.

Perfektionismus

Und auch Perfektionismus kann ein Grund dafür sein. Sie setzen sich hohe Maßstäbe und streben nach Exzellenz. Das Erreichen eines Ziels wird oft als ein weiterer Schritt auf dem Weg zu noch größeren Zielen betrachtet. Sie sehen ihre Arbeit nie als abgeschlossen an und glauben, dass immer Raum für Verbesserungen bleibt. 

Wollen Sie herausfinden, ob Sie zu den Perfektionisten gehören? Dann machen Sie gleich hier den Selbsttest

Das Hamsterrad ist der einzige Ort, wo Laufen dich zwar müde macht, aber dich nirgendwohin führt.

Es gibt nichts Frustrierenderes für einen Menschen, als wenn hinter einem laufenden Projekt bereits fünf weitere in der Pipeline warten. Der Vorstand eines großen Sportartikel-Unternehmens beschrieb einmal im Coaching seine Situation folgendermaßen:

Manchmal fühle ich mich wie ein Hamster im Rad, wissen Sie? Ich komme jeden Morgen ins Büro, setze mich an meinen Schreibtisch und arbeite die gleiche Liste von Aufgaben ab. Jour Fixes, E-Mails, Berichte, Meetings, immer im gleichen Takt. Dazwischen kurzfristig anberaumte Mitarbeitergespräche, spontanes Troubleshooting. Und egal, wie schnell ich laufe oder wie viel ich erledige, es scheint nie ein Ende zu nehmen. Es ist, als würde ich den ganzen Tag rennen, aber ich komme nirgendwo hin. Ich bin ständig beschäftigt, aber am Ende des Tages habe ich das Gefühl, nichts wirklich Bedeutsames erreicht zu haben. Es ist ermüdend und frustrierend zugleich – dieses ständige Treten in die Pedale.

Erfolg – ein Rennen ohne Ziellinie?

»Erfolg ist wie ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond«, hat Franz Beckenbauer, der Fußballkaiser, einmal gesagt. Das mag richtig sein. Was aber immer wieder gerne im Zusammenhang mit Erfolg vergessen wird: Um ihn überhaupt als solchen zu erkennen, muss man auch mal stehen bleiben.

Deshalb: Halten Sie inne!

Machen Sie einen Boxenstopp und tanken Sie Energie. Klopfen Sie sich auf die Schulter, und wenn es nur für einen kurzen Moment ist. Lernen Sie, Ihre Erfolge anzuerkennen und wertzuschätzen, da dies nicht nur Ihre eigene Motivation und Zufriedenheit steigert, sondern auch eine positive Wirkung auf Ihr Team und Ihre Organisation hat. Sie sind zwar Führungskraft, aber Sie sind auch immer noch ein Mensch. Auch Sie haben Bedürfnisse. Auch Sie haben ein Anrecht auf Wertschätzung und Anerkennung. Auch Sie wollen und sollen gesehen werden.

Über die Autoren

Wie blühen Mitarbeitende auf, bleiben und wachsen? Diese Frage treibt Paul Johannes Baumgartner seit nunmehr über 20 Jahren um. Sein Credo: „Vergesst die Mitarbeiterbenefits – es dreht sich alles um die Firmenkultur.“ Glückliche Mitarbeitende rechnen sich nachweislich fürs Unternehmen: mehr Umsatz, höhere Produktivität und Rentabilität sowie weniger Krankenfehltage. 
2002 gründete der Autor sein Beratungsunternehmen PJB Kommunikation mit den Schwerpunkten Mitarbeiterbegeisterung und Kundenloyalität. Er zählt zu den angesehensten Größen auf dem Gebiet Positive Leadership und ist bereits mehrfacher Buchautor. 
Frisch, motivierend und persönlich rüttelt er in seinen Vorträgen und Seminaren das Publikum auf. Zu seinem Kundenstamm als Speaker, Berater und Trainer zählen namhafte Unternehmen wie Audi, Miele, Microsoft, REWE und BMW. 
Er gibt sein Wissen aber auch an mehreren Universitäten weiter, unter anderem an der TU München. Außerdem geht er seit 30 Jahren einer weiteren großen Leidenschaft beim landesweiten Radiosender ANTENNE BAYERN nach. Dort begeistert er als Moderator regelmäßig ein Millionenpublikum.

Holger Mandel, Ex-Vorstand des ehemaligen DAX-Unternehmens MAN Truck & Bus, blickt auf eine über 30-jährige Erfolgsgeschichte in international führenden Unternehmen zurück. Er ist eine anerkannte ganzheitliche Führungspersönlichkeit. Kundenorientierung, außerordentliche Vertriebserfolge und der Mut, komplexe Transformationen erfolgreich umzusetzen, zeichnen ihn aus. Er war CEO von MAN Truck & Bus Deutschland und hat bei namhaften Unternehmen wie Caterpillar, Volvo und Volkswagen Station gemacht. Er verfügt über umfangreiche Expertise in den Bereichen Vertrieb, Aftersales, Einkauf und Financial Services und hat sich einen exzellenten Ruf als CEO/Unternehmens-lenker und umsetzungsstarker „Macher“ in der Branche erarbeitet.
Holger Mandel‘s Fazit: Führungskultur und Werte in Unternehmensbroschüren ähneln sich. Doch die gelebten Unternehmens- und Führungskulturen in Konzernen wie Caterpillar, Volvo oder Volkswagen könnten unterschiedlicher kaum sein. 

Bild: Antonio Santos / istockphoto.com