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30 Minuten: Inter­kul­tu­relles Onboar­ding

Uncon­s­cious Bias

Unconscious Bias - ein sperriger Begriff, der wörtlich übersetzt „unbewusste Voreingenommenheit“ oder „unbewusste Verzerrung“ bedeutet. Jeder hat diese unbewussten Verzerrungen in seinem Kopf. Diese Bilder, Zuschreibungen, Stereotype bis hin zu Vorurteilen gegenüber „den Anderen“ beeinflussen unser Handeln gegenüber diesen „Anderen“, und dies nicht nur im interkulturellen Sinne, sondern auch bezogen auf das Geschlecht, das Alter und jedes andere Merkmal einer Person. Diese Verzerrungen beeinflussen uns bei unseren Entscheidungen oder im Umgang miteinander, leider meistens nicht im positiven Sinne. Um Unconscious Bias zu umgehen, müssen wir unser Gehirn austricksen. Dieses arbeitet enorm effektiv und ressourcenschonend. Sobald wir eine Person oder eine Situation wahrnehmen, führt es einen Abgleich mit bereits gelernten oder bekannten Merkmalen durch und schickt die Antwort: „Alles bekannt“. Fremde oder unbekannte Aspekte bearbeitet das Gehirn nicht, wenn das Bekannte überwiegt. Und dieses Weglassen führt zu Fehlern und zu falschen Interpretationen.

Individuelle Erfahrungen

Unser Gehirn ist ein ausgezeichneter Detektor für Muster (Habermacher 2014). Jeder hat individuelle Assoziationen zu bestimmten Begriffen und diese Assoziationen beruhen auf den individuellen Erfahrungen. So verbindet eine Person mit dem Begriff „Ausländer“ positive Aspekte, wie „Vielfalt, neue Sprache, leckere Küche“, eine andere Person negative Aspekte, wie „nimmt den Arbeitsplatz weg, kann sich nicht vernünftig verständigen“.

Diese Erfahrungen werden zu biologischen Pfaden (ebd.), die unsere Wahrnehmung und die Interpretation langfristig beeinflussen.
Um den Verzerrungen in der eigenen Wahrnehmung auf die Spur zu kommen, braucht es eine intensive und kritische Reflexion der vorhandenen Stereotype und Vorurteile.

Stereotype

Stereotype (griech. „starres Muster“) sind unsere Sammlung von Informationen, die das Gehirn kategorisiert hat. Daraus ergeben sich feste Vorstellungen von Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zugeschrieben werden: „Menschen über 50 haben Schwierigkeiten, mit digitalen Tools zu arbeiten“ oder „Muslimische Frauen tragen Kopftuch“. Diese Kategorisierungen ermöglichen gleichzeitig die Entwicklung eines positiven Selbstkonzeptes der Eigengruppe und leider genauso ein negatives Konzept der Fremdgruppe und verfestigen somit Vorurteile.

30 Minuten: Interkulturelles Onboarding - Unconscious Bias

Vorurteile

Vorurteile haben eine wertende Komponente – das steckt schon im Begriff – und sind emotionaler, was auch bedeutet, dass sie in der Regel wenig reflektiert sind. Um bei den Beispielen zu bleiben, wäre das Vorurteil gegenüber den über 50-Jährigen, dass „alle keine Ahnung von digitalen Tools haben“, oder bei den Muslimas, dass „alle muslimischen Frauen gezwungen sind, Kopftuch zu tragen“. Das sind Verallgemeinerungen, und betroffene Personen haben meist keine Chance, ihre Sicht zu erklären, weil „das doch nur Rechtfertigungen sind“.

Interkulturelle Kompetenz ist eine wesentliche Voraussetzung für gut funktionierende Zusammenarbeit im interkulturellen Arbeitsumfeld.

  • Interkulturelle Kompetenz ist keine Kompetenz an sich, sondern leitet sich aus der Fachkompetenz, der sozialen, individuellen und strategischen Kompetenz ab.
  • Unsere globale Welt ähnelt sich in vielen Dingen immer mehr, was aber nicht dazu führt, dass sich die Werte, Haltungen und Normen und somit die jeweilige kulturelle Prägung ebenfalls sehr ähnlich sind.
  • Unconscious Bias sind normal, wir müssen uns ihrer nur sehr bewusst werden, sie akzeptieren und gleichzeitig in konkreten Situationen immer wieder hinterfragen: In welchen konkreten Situationen können Beurteilungsfehler unterlaufen?
  • Interkulturelle Situationen müssen analysiert werden – wir müssen den Blick von außen darauf werfen, als Erstes beobachten, dann analysieren und als dritten Schritt interpretieren.
  • Wir müssen der Herkunft unserer Stereotype und noch mehr der der Vorurteile auf den Grund gehen: Aus welchen Erfahrungen in welchen Situationen resultieren diese? Was habe ich in diesen Situationen gelernt?
  • Die Reflexion über die eigenen Stereotype, Vorurteile und somit die Unconscious Bias ist ein Prozess und erfordert die kontinuierliche Auseinandersetzung und das Aneignen von Wissen zu diesem Thema.

Über den Autor

Elke Müller ist Geschäftsführerin von compass international und beschäftigt sich seit 25 Jahren als Trainerin und Beraterin mit den Auswirkungen von Vielfalt auf das Arbeitsleben. Dabei helfen ihr eine systemische Berater- und Organisationsentwicklungsausbildung und die kontinuierliche Beschäftigung mit Lern- und Lehrmethoden. Als Organisationsentwicklerin berät sie Unternehmen und Organisationen zu Themen wie dem Onboarding internationaler Fachkräfte, zu Diversity und der Internationalisierung im Personalbereich.